donjohannes
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Walters Tagebuch Folge 1 Ausschnitte aus der Episode 9 über das BöseMehr
Walters Tagebuch Folge 1
Ausschnitte aus der Episode 9 über das Böse
donjohannes
Dass mir einmal Thomas von Aquin selbst antworten würde, habe ich nicht erwartet. :-)
Ich habe Markus so verstanden, dass das Böse zwar im Handeln verortet sei, dort aber nicht adäquat durch einen Mangel beschrieben werde. Das "sich aktiv gegen das Gute richten" habe ich nach Erwägung seines Beispiels 2 als Beschreibung der Intention eines Handelnden interpretiert und darum vom handelnden Subjekt …Mehr
Dass mir einmal Thomas von Aquin selbst antworten würde, habe ich nicht erwartet. :-)

Ich habe Markus so verstanden, dass das Böse zwar im Handeln verortet sei, dort aber nicht adäquat durch einen Mangel beschrieben werde. Das "sich aktiv gegen das Gute richten" habe ich nach Erwägung seines Beispiels 2 als Beschreibung der Intention eines Handelnden interpretiert und darum vom handelnden Subjekt her argumentiert.

Danke für die Präzisierungen.
Thomas von Aquin
Wie bereits gesagt, gibt es kein Gutes im Bösen (das Böse). Da das Böse (als Nicht-Sein) für sich ja gar nicht existieren kann. Man kann es nur denkerisch abstrahieren. Und das ebenso nur als Nicht-Sein. Als Gegenteil des Sein. Als Verneinung des Guten. Daher kann das Böse auch kein Wesen haben. Sein "Wesen" wäre ja gerade das "Nicht-Wesen".
Das Böse tritt erst an einem Geschaffenen zu Tage.
Somit: …Mehr
Wie bereits gesagt, gibt es kein Gutes im Bösen (das Böse). Da das Böse (als Nicht-Sein) für sich ja gar nicht existieren kann. Man kann es nur denkerisch abstrahieren. Und das ebenso nur als Nicht-Sein. Als Gegenteil des Sein. Als Verneinung des Guten. Daher kann das Böse auch kein Wesen haben. Sein "Wesen" wäre ja gerade das "Nicht-Wesen".
Das Böse tritt erst an einem Geschaffenen zu Tage.

Somit:
"aber ich sehe nicht wie es (das Böse) selbst gut sein kann, quasi "ontologisch""

Das können Sie also auch gar nicht "sehen", weil das Böse in keiner Weise gut ist, gerade ja onotologisch nicht. Genau darum geht es ja die ganze Zeit. Das Böse ist gerade deswegen nicht gut, weil es, als Böses an sich, kein Sein hat. (Ontologie = Lehre vom Sein)
studiosus
Nun, daß "der" Böse (ob damit jetzt der Teufel gemeint ist oder ein Dämon oder auch ein böser Mensch) gut geschaffen, gottgedacht und gewollt ist, das ist klar (das deutete ich ja auch an als ich sagte "rein vom Existieren her ist es besser daß er existiert, aber nicht als Dämon, sondern als Engel".
Allerdings wenn man auf "DAS Böse" (also apersonal und strukturmäßig etwa) recurriert, dann bleibt …Mehr
Nun, daß "der" Böse (ob damit jetzt der Teufel gemeint ist oder ein Dämon oder auch ein böser Mensch) gut geschaffen, gottgedacht und gewollt ist, das ist klar (das deutete ich ja auch an als ich sagte "rein vom Existieren her ist es besser daß er existiert, aber nicht als Dämon, sondern als Engel".

Allerdings wenn man auf "DAS Böse" (also apersonal und strukturmäßig etwa) recurriert, dann bleibt die Frage nach dem Guten im Bösen, welches sich mir nicht so recht erschließt.
Daß auch aus dem Bösen gute Aspekte entwachsen können ist klar. Aber eben nicht wesensmäßig, wobei man hier auch festhalten muß daß auch "das Böse" ein Wesen hat: es definiert sich ja auch irgendwie, d.h. es gibt etwas, das das Böse zum Bösen macht (sprich: das Gegengottgerichtetsein bzw. gegen dessen Willen würde ich einmal als ein entscheidendes Wesensmerkmal betrachten).

(man muß eben gut unterscheiden zwischen "der" und "das"Böse...ich meine hier jetzt dezidiert "das" Böse)

Dem Bösen können zwar Momente des Guten hinzukommen (Hinsichtlichkeiten etc), aber ich sehe nicht wie es selbst gut sein kann, quasi "ontologisch"
Thomas von Aquin
Markus schreibt:
"Bin mir nicht sicher, ob diese Erklärung den Nagel wirklich trifft."
Doch trifft sie. Denn es geht hier um die eigentliche Definition des Bösen. Und diese Definition wird in der traditionellen Philosophie möglichst knapp gefaßt. Und in der Knappheit ist das Böse ein Mangel an Gutem. Oder: Der Mangel an dem geschuldeten Guten (privatio boni debiti), dadurch kommt die falsche …Mehr
Markus schreibt:
"Bin mir nicht sicher, ob diese Erklärung den Nagel wirklich trifft."

Doch trifft sie. Denn es geht hier um die eigentliche Definition des Bösen. Und diese Definition wird in der traditionellen Philosophie möglichst knapp gefaßt. Und in der Knappheit ist das Böse ein Mangel an Gutem. Oder: Der Mangel an dem geschuldeten Guten (privatio boni debiti), dadurch kommt die falsche Irregularität besser zum Ausdruck.

studiosus schreibt:
" inwiefern kann man das Böse ontologisch als gut bezeichnen?"

Eben in keiner Weise. Das Böse ist ontologisch weder ein Sein noch ein Gutes. Der Böse aber (der Mensch oder der Engel), ist (nur) insofern gut, insofern ein geschaffenes Sein ist und als solches gut. Daher gibt es kein geschafffenes Sein, das "absolut" in jeder Hinsicht böse wäre. Eine moralische Haltung oder ein Habitus kann aber "absolut" böse sein, wie der des Teufels.

donjohannes schreibt:
"nach thomistischer Auffassung richtet sich das Böse (im Sinne von Markus als "böser Akt) nicht unmittelbar gegen das Gute (in der Konsequenz schon, aber nicht im Handeln selbst)."

Diese Aussage stimmt nur insofern, insofern sie vom Standpunkt dessen aus richtig ist, der eine böse Handlung begeht.
Damit ist aber dem eigentlichen Einwand/Problem von Markus nicht wirklich Rechnung getragen. ("...sondern richtet sich aktiv gegen das Gute")

Dies ist nämlich aus "objektiver Sicht" ebenfalls richtig. Das Böse handelt nämlich gegen das Gute, indem es das Gute verdirbt.
"Sed malum agit, quia corrumpit bonum" (S.Th.I,48,1)

Dieser Sachverhalt ist aber nach Thomas mit der obigen Kurzdefinition schon implizit mitausgesagt: Insofern das Böse ein Mangel des Guten ist, wirkt es auch verderbend (also "gegen" in den Worten von Markus) auf das Gute ein. Und zwar in einer bestimmten Hinsicht:
"Ad quartum dicendum quod aliquid agere dicitur tripliciter. Uno modo, formaliter, eo modo loquendi quo dicitur albedo facere album. Et sic malum, etiam ratione ipsius privationis, dicitur corrumpere bonum, quia est ipsa corruptio vel privatio boni. Alio modo dicitur aliquid agere effective, sicut pictor dicitur facere album parietem. Tertio modo, per modum causae finalis, sicut finis dicitur efficere, movendo efficientem. His autem duobus modis malum non agit aliquid per se, idest secundum quod est privatio quaedam, sed secundum quod ei bonum adiungitur, nam omnis actio est ab aliqua forma, et omne quod desideratur ut finis, est perfectio aliqua. Et ideo, ut Dionysius dicit, IV cap. de Div. Nom., malum non agit neque desideratur nisi virtute boni adiuncti; per se autem est infinitum, et praeter voluntatem et intentionem." (S.Th.I,48,1)
donjohannes
Teil II
Hier noch (weils schneller zum Copy/Pasten ging auf Englisch):
Augustinus war der erste, der körperliche und moralische Übel als "privatio boni" beschrieb:
For what is that which we call evil but the absence of good? In the bodies bodies of animals, disease and wounds mean nothing but the absence of health; for when a cure is effected, that does not mean that the evils which were present—…Mehr
Teil II

Hier noch (weils schneller zum Copy/Pasten ging auf Englisch):
Augustinus war der erste, der körperliche und moralische Übel als "privatio boni" beschrieb:
For what is that which we call evil but the absence of good? In the bodies bodies of animals, disease and wounds mean nothing but the absence of health; for when a cure is effected, that does not mean that the evils which were present—namely, the diseases and wounds—go away from the body and dwell elsewhere: they altogether cease to exist; for the wound or disease is not a substance, but a defect in the fleshly substance,—the flesh itself being a substance, and therefore something good, of which those evils—that is, privations of the good which we call health—are accidents. Just in the same way, what are called vices in the soul are nothing but privations of natural good. And when they are cured, they are not transferred elsewhere: when they cease to exist in the healthy soul, they cannot exist anywhere else.
donjohannes
@Markus
Also,
nach thomistischer Auffassung richtet sich das Böse (im Sinne von Markus als "böser Akt) nicht unmittelbar gegen das Gute (in der Konsequenz schon, aber nicht im Handeln selbst). Auch eine schlechte moralische (also böse) Handlung ist auf ein Gut gerichtet. Das hängt mit der Natur des Willens als Strebkraft zusammen. Allerdings ist dieses Gut nur ein scheinbares Gut und nicht auf das …Mehr
@Markus

Also,

nach thomistischer Auffassung richtet sich das Böse (im Sinne von Markus als "böser Akt) nicht unmittelbar gegen das Gute (in der Konsequenz schon, aber nicht im Handeln selbst). Auch eine schlechte moralische (also böse) Handlung ist auf ein Gut gerichtet. Das hängt mit der Natur des Willens als Strebkraft zusammen. Allerdings ist dieses Gut nur ein scheinbares Gut und nicht auf das letzte Gut (Gott) hingeordet. Auch hier fehlt es an einer rechten Ordnung (etwa zwischen den verschiedenen Neigungen und dem rationalen Willen). Auch moralisch ist also das Böse ein Fehlen von Gutem.

Die Dunkelheit als abstrakte aber reale Wirklichkeit des Mangels kämpft tatsächlich nicht gegen das Licht (wie du selbst sagst: Es ist ja keine ontologische Wirklichkeit)
Ein böses Geschöpf (also vom Mangel gekennzeichnet) kann aktiv gegen das Gute arbeiten. Ein "dunkler" Mensch kann versuchen das Licht zu löschen (denn seine Taten sind böse vgl. Joh 3,19). 2 Dinge: er tut dies um eines scheinbaren Gutes willen (will nicht das offenbar werden seiner Schlechtigkeit) und er tut dies weil es ihm an den theologischen und/oder natürlichen Tugenden mangelt.

Dualismus: stimmt, der Böse (im Sinne vom Teufel) ist gut - insofern er ist (insofern sein besser ist als nicht sein)
studiosus
hm - also daß das Böse sich gegen das Gute richtet das würde ich auch unbedingt meinen (wobei in manchen Fällen - klassisch die Unterlassungssünde - auch die Abwesenheit des Guten zum Bösen werden kann, d.h. das Böse nicht in einem aktiven Tun, sondern in einem passiven Nicht-Tun besteht)
aber was ich eigentlich sagen wollte: inwiefern kann man das Böse ontologisch als gut bezeichnen? Insofern …Mehr
hm - also daß das Böse sich gegen das Gute richtet das würde ich auch unbedingt meinen (wobei in manchen Fällen - klassisch die Unterlassungssünde - auch die Abwesenheit des Guten zum Bösen werden kann, d.h. das Böse nicht in einem aktiven Tun, sondern in einem passiven Nicht-Tun besteht)

aber was ich eigentlich sagen wollte: inwiefern kann man das Böse ontologisch als gut bezeichnen? Insofern Sein besser ist als Nicht-Sein?
Naja, beim Bösen kehrt sich das eigentlich um, oder?
Also: prinzipiell und aktuell kann das anders aussehen; denn wenn wir ansehen ob es besser ist daß ein Dämon existiert oder nicht dann muß man doch sagen: als Dämon wäre es besser er existierte nicht.
Prinzipiell gesehen aber muß man sagen: rein vom Existieren her ist es besser daß er existiert, aber nicht als Dämon, sondern als Engel... weiß nicht ob klar wird was ich meine 🤨
Markus
Bin mir nicht sicher, ob diese Erklärung den Nagel wirklich trifft.
Das Böse besteht meiner Einschätzung nach nicht in einem Mangel an Guten, sondern richtet sich aktiv gegen das Gute.
Beispiel: Mir mangelt es sehr an Heiligkeit, aber besteht darin das Böse?
Oder um beim Beispiel des Films zu bleiben: Wo richtet sich die Dunkelheit gegen das Licht?
Zum Dualismus-Vorwurf:
Das Böse ist ja nicht …Mehr
Bin mir nicht sicher, ob diese Erklärung den Nagel wirklich trifft.

Das Böse besteht meiner Einschätzung nach nicht in einem Mangel an Guten, sondern richtet sich aktiv gegen das Gute.
Beispiel: Mir mangelt es sehr an Heiligkeit, aber besteht darin das Böse?
Oder um beim Beispiel des Films zu bleiben: Wo richtet sich die Dunkelheit gegen das Licht?

Zum Dualismus-Vorwurf:
Das Böse ist ja nicht ontologisch etwas, sondern moralisch. Ontologisch gesehen ist das Böse nichts, mehr noch, der Böse ist sogar gut.

😇
Veritas1988
Anschaulich erläutert und zeitgemäß präsentiert ohne dass es kitschig wirkt! 👍
AlexBKaiser
This made my day.
Elija
Mir gefällts 😇
Klaus
Von donjohannes einfach und klar und richtig dargelegt.
Wie sächt ma bei us: Firma Dankt!Mehr
Von donjohannes einfach und klar und richtig dargelegt.

Wie sächt ma bei us: Firma Dankt!
donjohannes
@Herz Mariae,
naja, so schwer ist es nicht. Analog natürlich. Die thomistische, eigentlich schon anselmische Einsicht ist, dass die Erbsünde eine Zustandssünde - und genauer in der Essenz ein Gnadenmangel ist: die heiligmachende Gnade fehlt (übrigens ist die biblische Begründung für das Dogma der Immaculata genau auf diese Aussage angewiesen. Der Engelsgruß "Maria voll der Gnade", ist der locus …Mehr
@Herz Mariae,
naja, so schwer ist es nicht. Analog natürlich. Die thomistische, eigentlich schon anselmische Einsicht ist, dass die Erbsünde eine Zustandssünde - und genauer in der Essenz ein Gnadenmangel ist: die heiligmachende Gnade fehlt (übrigens ist die biblische Begründung für das Dogma der Immaculata genau auf diese Aussage angewiesen. Der Engelsgruß "Maria voll der Gnade", ist der locus classicus für die dogmatische Begründung)

Das Böse ist zwar real, aber keine positive Größe - und das ist gut, denn sonst haben wir ziemlich schnell einen Dualismus und nicht unseren Schöpferglauben.

Und was die Episode betrifft - Dies hier ist nur ein Ausschnitt 3 von 15 min. Da wird das schon noch deutlicher
HerzMariae
Das Böse als Mangel ist schwer darzustellen. Eine verkrüppelte Erbsünden-Seele ist etwas anderes als ein verkrüppelter Leib.
Latina
👏 👏 👏
Tesa
Super gut gemacht! 😎
Pilatus' Frau
@sonnengesang: ich auch.
Danke für den Ausschnitt. Das ist ein echter AppetitanregerMehr
@sonnengesang: ich auch.

Danke für den Ausschnitt. Das ist ein echter Appetitanreger