Streit um Kardinalsäußerungen zu Adoptionsrecht für Homosexuelle

(gloria.tv/ KNA) Mit kritischen Äußerungen zum geplanten Adoptionsrecht für Homosexuelle sowie zur sogenannten Homo-Ehe hat der französische Kardinal Philippe Barbarin für ein Kontroverse gesorgt. Seine Erzdiözese Lyon sah sich am Wochenende angesichts heftiger Kritik von Politikern und gesellschaftlichen Gruppen veranlasst, zum Anhören des ganzen Textes aufzufordern und nicht einzelne Passagen aus dem Zusammenhang zu reißen.

Ein Sprecher der Diözese erklärte, es sei dem Kardinal nicht darum gegangen, ein Verhalten mit dem anderen zu vergleichen, sondern darauf hinzuweisen, dass es bereits diverse weitergehende Forderungen gebe, die der Einführung einer «Homosexuellen-Ehe» folgen könnten.

In einem Interview des Radiosenders RCF und des Lokalsenders TLM sprach Barbarin von einem «gesellschaftlichen Bruch», sollte die «Homo-Ehe» kommen. Dies würde «zahlreiche Konsequenzen nach sich ziehen». Der Kardinal wörtlich: «Als nächstes wollen sie dann Paare zu dritt oder zu viert. Und am Schluss, eines Tages, fällt vielleicht sogar das Inzestverbot.»

Der Begriff Ehe, so Barbarin weiter, stehe für einen «Schutzwall», mit dessen Hilfe Mütter den zerbrechlichsten Gliedern der Gesellschaft, also Kindern, das Leben schenken und sie unter bestmöglichen Bedingungen aufwachsen lassen könnten. Für die Kirche habe die biblische Definition einer Ehe als Verbindung zwischen Mann und Frau «über die Jahrhunderte etwas mehr Gewicht und Wahrheit» als die «bestimmten Umständen geschuldeten oder vergänglichen Entscheidungen eines Parlaments».

Frauenrechtsministerin Najat Vallaud-Belkacem, zugleich Regierungssprecherin, nannte die Äußerungen Barbarins eine «Karikatur». Die Schwulen-Lobbyorganisation Inter-LGBT sprach von einer «schockierenden, aber gängigen» Sichtweise.

Die christdemokratische Politikerin Christine Boutin, Ex-Ministerin der konservativen Regierung von Priemierminister Francois Fillon, sagte, der Kardinal glaube nicht allein, dass das geplante Gesetz der sozialistischen Regierung zu Polygamie führen könnte. Nötig sei eine breite gesellschaftliche Diskussion.

Justizministerin Christiane Taubira hatte am vergangenen Dienstag angekündigt, homosexuellen Paaren eine Adoption unter den gleichen Bedingungen ermöglichen zu wollen wie heterosexuellen Paaren. Der Vorsitzende der Französischen Bischofskonferenz, Kardinal Andre Vingt-Trois, hatte entgegnet, man dürfe die Rechte der Kinder nicht vernachlässigen, nur weil Menschen glaubten, sie hätten ein Recht auf Kinder. Gleichheit sei nicht dasselbe wie Gleichartigkeit, so der Pariser Erzbischof.

Die Ministerin und Vingt-Trois wollen in dieser Woche zusammenkommen, um über die geplanten Änderungen im Familienrecht zu sprechen. Der Gesetzentwurf soll dem Ministerrat Ende Oktober vorgelegt werden.