„Christen nicht bevorzugen!“

21. Juli 2014


Religionszugehörigkeit als Fluchtursache, aber nicht als Asylgrund? Vom Schrecken der Neutralität

Angesichts der Nachrichten aus Syrien und dem Irak scheint mir die Debatte um eine asylrechtliche „Bevorzugung“ von flüchtenden Christen wegen ihrer Religionszugehörigkeit ebenso absurd wie eine Einführung von Quoten mit Blick auf die Geschlechtszugehörigkeit von Vergewaltigungsopfern – damit bei der Vergabe von Therapieplätzen nur ja keine Frauen „bevorzugt“ werden. Dass die Religionszugehörigkeit von Bürgerkriegsflüchtlingen kein Kriterium für ihre Aufnahme in Deutschland sein darf, wie nach einer Forsa-Umfrage 77 Prozent der Bundesbürger meinen, hört sich so klinisch „neutral“ an, wie es sich eben für eine Gesellschaft gehört, der die seit über zwanzig Jahren fortschreitende Christenverfolgung weltweit noch nie ein Dorn im Auge war. Anders gesagt: die sich der Christenverfolgung gegenüber „neutral“ verhält.

Wenn man sich dann aber die Fakten anschaut, zeigt sich schnell, dass „neutral“ in Fällen, wo Position bezogen werden muss, ziemlich sicher und ziemlich deutlich daneben liegt. Zum einen sind die meisten Flüchtlinge aus Syrien und dem Irak nun mal Christen, eben weil sie als solche vertrieben wurden. Der einzige Anlass ihrer Vertreibung ist also die Religionszugehörigkeit. Insofern muss diese auch als Kriterium anerkannt werden. Zum anderen haben diese Christen eben keine andere Wahl als die, in eine Gesellschaft zu fliehen, in der sie zumindest geduldet werden. In den Nachbarstaaten ist das nicht der Fall. Nur in Europa können sie aufatmen. Und schließlich gibt es leider auch in Deutschland und Europa Kapazitätsgrenzen, so dass nicht alle Flüchtlinge aus dem Nahen und Mittleren Osten aufgenommen werden können. Hier braucht es also in jedem Fall Auswahlkriterien, sinnvolle, wenn möglich.

Christen in Not rechtlich nicht zu bevorzugen, bedeutet angesichts ihrer dramatischen Lage tatsächlich, sie massiv zu benachteiligen. Denn sie sind ja bereits benachteiligt, nicht nur in ihrer Heimat, in ihrer Region, sondern fast überall auf der Welt. Ihnen hierzulande den Nachteilsausgleich zu verwehren, bedeutet, sie erneut zu benachteiligen. Und diesmal auch noch mit gestyltem Gewissen: ganz „neutral“.

(Josef Bordat)

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