Oberhaid:Priester bekennt sich zu Kind

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Der Priester Stefan Hartmann vor dem Katholischen Pfarramt St. Bartholomäus in Oberhaid bei Bamberg. (Foto: dpa)

"Das lange Schweigen war feige und ist durch nichts gut zu machen": Stefan Hartmann, seit 2001 katholischer Pfarrer im fränkischen Oberhaid, bekennt sich im Fernsehen zu seiner Tochter. Damit will er eine Diskussion über den Zölibat anstoßen.

In Oberhaid bei Bamberg habe es eh jeder gewusst, heißt es, und am Freitag, 22 Uhr, kann es der Rest im SWR-Nachtcafé erfahren: Der katholische Pfarrer Stefan Hartmann, 59, bekennt sich zu seiner inzwischen 24-jährigen Tochter. Damit will er eine Diskussion über den Zölibat anstoßen, schreibt er auf seiner Facebook-Seite.

Sinn und Glaubwürdigkeit des zölibatären Lebens würden weit mehr aufleuchten können, wenn die Verpflichtung der Weltpriester offen gestellt würde, heißt es dort. "Viele Mitbrüder leiden unsäglich unter der Einsamkeit, der sie sich in jungen Jahren aus Idealismus versprochen haben", so Hartmann. Auch Papst Franziskus und sein Staatssekretär ließen die Zölibats-Diskussion durchaus zu.

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Jahrelang habe der katholische Pfarrer seine Tochter verleugnet, um seine Kirchenkarriere nicht zu riskieren, heißt es auf der Homepage des SWR. "Das lange Schweigen war feige und ist durch nichts gut zu machen", so Hartmann. Heute diene er immer noch der Kirche, bekennt sich aber offen zu einer Lebenslüge und bitte um Verzeihung.

Natürlich sei seine Tochter damit einverstanden, dass er in einem Fernsehstudio von ihr erzählt, sagt Hartmann. Auch im bischöflichen Ordinariat in Bamberg ist seit längerem bekannt, dass Hartmann ein Kind hat, Konsequenzen braucht er nicht zu befürchten. Man gehe von einem "einmaligen Verstoß" gegen den Zölibat aus, sagt ein Bistumssprecher.

2010 sorgte ausgerechnet Hartmanns Chef, Erzbischof Ludwig Schick, für Aufsehen, als er in einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel gesagt hatte: "Ich meine, Bischöfe, Ordensleute und Domkapitulare müssen es leben. Ob jeder Pfarrer das Zölibat leben muss, ist eine andere Frage." Doch dann wurde es wieder still um dieses Thema.

Auch aus Rom von Papst Franziskus gibt es nach knapp einem Jahr im Amt noch keine konkrete Äußerung zum Pflichtzölibat. Stefan Hartmann hofft trotzdem auf eine Wende. "Es muss sich etwas bewegen."

© Süddeutsche.de/kaa/afis/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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