WELT: Früher glaubten die Menschen an ein Leben nach dem Tod. Er war allgegenwärtiger Teil ihres Lebens und hatte somit Sinn. Heute ist der Tod der Gesellschaft verloren gegangen, denn kaum jemand glaubt an ein Leben nach ihm. Aber muss man das nur beklagen?
Thorsten Benkel: Zu beklagen gibt es hier aus meiner Sicht wenig. Menschen verbringen ihren Alltag überwiegend mit einem Fokus auf den engen Rahmen, in dem sie leben. Die eigene Familie, die eigene Situation, die eigenen Ressourcen und so weiter sind das eigentliche Hauptthema des Alltagslebens, nicht der Verlust von all dem. Der Tod ist insofern ja wirklich sinnlos, als er das, was uns im Leben Sinn gibt, wegnimmt.
WELT: Die Bilder aus der Anfangsphase der Corona-Pandemie, besonders aus Bergamo und Brasilien, die Leichenabtransporte in Lastern zeigten und hastig gegrabene Massengräber, waren wie ein Menetekel vormoderner Zeiten. Wie passt dieser lieblose, anonyme, einsame Tod zum 21. Jahrhundert?