Pakistan: Christ wegen „Blasphemie“ zum Tod verurteilt

In Pakistan ist am Donnerstag erneut ein Christ wegen „Blasphemie“ zum Tod verurteilt worden. Obwohl noch nie ein solches Todesurteil in Pakistan vollstreckt wurde, sorgt das Blasphemiegesetz immer wieder für Diskussionen.

Ein Gericht in Lahore befand Sawan Masih am Donnerstag für schuldig, im März vergangenen Jahres während eines Disputs mit einem Muslim „den Propheten Mohammed geschmäht“ zu haben, wie die Zeitung „Pakistan Today“ (Onlineausgabe) meldete. Der Vorfall löste damals Krawalle in der christlichen Siedlung Joseph Colony aus. Aufgebrachte Muslime zündeten nach Medienberichten 178 Häuser und zwei Kirchen an.

Ein Anwalt Masihs, Naeem Shakir, kündigte Berufung an. Der zuständige Richter Chaudhry Ghulam Murtaza sei „von seinem religiösen Eifer mitgerissen“ worden, sagte Shakir der Zeitung. Selbst die Generalstaatsanwaltschaft habe die Ermittlungsfehler der Polizei bemängelt. Ursprüngliche Zeugenaussagen seien im Sinne der Anklage nachgebessert worden, so der Anwalt.

Mutmaßliche Brandstifter freigesprochen

Ein Prozess gegen Beteiligte an den Ausschreitungen war im April 2013 ohne Verurteilung ausgegangen. Ein Gericht in Lahore setzte 35 Verdächtige gegen Kaution auf freien Fuß; sie waren beschuldigt worden, an den Brandanschlägen gegen Christen mitgewirkt zu haben.

Ein Sprecher einer katholischen Stelle für Rechtshilfe in Pakistan warf der Justiz vor, sie mache „gemeinsame Sache mit den Verdächtigen“. Die Menschenrechtskommission der Pakistanischen Bischofskonferenz hatte den Behörden eine Mitschuld an den Ausschreitungen gegeben.

Blasphemie seit 1986 unter Strafe

Pakistans umstrittenes Blasphemie-Gesetz ist im Strafgesetzbuch des südasiatischen Landes verankert. Es verbietet die Beleidigung jeder Religion, wird aber in der Praxis bei - oft nur angeblicher - Herabsetzung des Islam angewandt. Die schwersten Strafen können bei der Schändung des Koran (lebenslange Haft) und des Namens des Propheten Mohammed (Todesstrafe) verhängt werden.

Zwar ist in Pakistan nie ein Todesurteil wegen Blasphemie vollstreckt worden, mehrere Angeklagte wurden aber nach ihrer Freilassung gelyncht. Islamisten laufen Sturm gegen Änderungen des Gesetzes, das sie für von Gott gemacht halten.

In seiner jetzigen Form wurde das Blasphemiegesetz 1986 von Militärdiktator Muhammad Zia ul-Haq eingeführt. Religiöse Minderheiten und liberale Muslime fordern einen besseren Schutz vor Missbrauch des Gesetzes, Anschuldigungen werden nicht selten aus Rache oder materiellen Motiven erfunden. Minderheiten wie etwa Christen werden überproportional oft angeklagt.

Christlicher Minister 2011 ermordert

Im Jahr 2011 waren der Minister für Minderheiten - der einzige Christ in der Regierung - und der Gouverneur der Provinz Punjab ermordet worden. Beide hatten das Gesetz kritisiert, das oft missbraucht wird, um persönliche Gegner anzuschwärzen.

Für internationale Schlagzeilen sorgt auch der Fall der Christin Asia Bibi. Ihr wird vorgeworfen, sich nach einem Streit abfällig über den Propheten Mohammed geäußert zu haben. Die Landarbeiterin wurde im November 2010 zum Tode verurteilt und sitzt in Haft. Das Berufungsverfahren für Asia Bibi wurde vor kurzem auf unsbestimmte Zeit vertagt.

religion.ORF.at/KAP