Jaja, Beichten macht keinen Spaß! Wenige empfinden das nicht so. Und viele stellen sich außerdem die grundsätzliche Frage, die mir ein Leser vorgestern auch gestellt hat:
„Warum mit einem Priester über meine Sünden sprechen? Ist das Sakrament der Beichte noch ‚modern‘?“
Die zweite Frage ist die einfachere: Nö! Das war es nie. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es irgendwann einmal als chic gegolten hat, zur Beichte zu gehen. Seine Sünden zu bekennen, das war nie en vogue – und cool wurde damit auch keiner. – Und doch ist die Beichte eben eines der sieben Sakramente, die die Kirche von ihren Anfängen an begleitet haben. Aber warum?
Den Grundzweifel, den wir haben, kann man vielleicht so ausdrücken: wir meinen, einen so direkten Zugang zu Gott zu haben, dass wir eigentlich keinen Priester und keine Kirche mehr brauchen. Wenn ich bete, bin ich doch ohnehin mit Gott in Kontakt (was natürlich absolut stimmt) – weshalb sollte ich da noch einen Priester brauchen (was man ja zumindest mal fragen darf)?
Aber was macht den eigentlich der Priester? Worin besteht denn seine Aufgabe? Ein Blick in die Bibel hilft uns weiter. Nach der Auferstehung begegnet Jesus den Jüngern noch einmal und sagt:
Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. Nachdem er das gesagt hatte, hauchte er sie an und sprach zu ihnen: Empfangt den Heiligen Geist! Wem ihr die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben; wem ihr die Vergebung verweigert, dem ist sie verweigert (Joh 20,21-23).
Das ist ein echtes mission statement für die Kirche!
Die Apostel haben von Jesus den Auftrag bekommen, genau das weiter durch die Geschichte zu tragen, was Jesus in seiner Zeit auf der Erde selbst getan hat. Und einer der häufigsten Sätze Jesu ist: „Deine Sünden sind dir vergeben.“ Was Gott in Jesus getan hat, das möchte er in der Kirche weiter tun. Der Auftrag, mit dem Jesus auf die Welt kam, ist den Aposteln zur Weiterführung übertragen worden: „Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch!“ Die Sakramente verlängern die Menschwerdung Gottes in die Geschichte hinein. In ihnen geht es deshalb nie um das, was der Priester tut – es geht immer darum, was Gott durch ihn tut.
Unsere tiefste Glaubensüberzeugung als Christen ist ja: Gott wurde Mensch in Christus. Und das hat er sicherlich nicht getan, weil er das so unbedingt brauchte, sondern weil wir Menschen das unbedingt brauchten! In Jesus begegnen wir Gott auf ganz menschliche Weise. Nämlich nicht nur im Kopf, in Gedanken – sondern „in echt“, zum Anfassen und Hören, zum Riechen und Sehen. Gott wirkt in diesem greifbaren Jesus unser Heil. Und damit nicht alle, die da noch nicht geboren waren, einfach nur Pech gehabt haben, hat er uns die Sakramente hinterlassen, damit wir nach wie vor auf diese menschliche Weise die Heilszusage Gottes erleben. Damit wir mit unseren Ohren hören und überzeugt sind: „Ich spreche dich los von deinen Sünden. Deine Sünden sind dir vergeben. Gehe hin in Frieden.“
Denn was ist die Sünde anderes, als Gott den Eintritt in mein Haus zu verwehren? Der Gast, den wir zu unserem Glück unbedingt brauchen, wartet vor unserer Tür darauf, dass wir ihm von innen die Tür öffnen, um ihn herein zu lassen. –
Ich fasse zusammen: Beten zu Gott können, dürfen und sollen wir immer und überall, und es ist vollkommen richtig, dass wir ihm in jeder Lebenslage auch alle unsere Sünden anvertrauen können. Um aber mit dem menschgewordenen Gott in Berührung zu kommen, brauchen wir die Sakramente. Gott ist Mensch geworden, weil wir ihn – eben als Menschgewordenen – brauchen. Dieser anfassbar gewordene Gott hat uns die sinnlich erfahrbaren Sakramente dagelassen, weil wir sie brauchen. Als Menschen wollen wir Beziehungen erleben. In den Sakramenten tun wir das. In der Beichte beleben wir so unsere Beziehung zu Gott wieder neu. Deshalb legt uns die Kirche ans Herz, in der Fastenzeit davon Gebrauch zu machen.
Michaela Koreng sagte:
Danke Padre! Eine Frage, die ich mich gar nicht getraut habe zu stellen. Dann häng ich gleich nochmal eine andere Frage an. Wie beichte ich? Also, zum einen ganz formal und was beichte ich? Vieles kommt einem sehr banal vor und über anderes traut man sich gar nicht mit seinem „Heim“-Priester zu reden? Ich tue mich also sehr schwer zu gehen. V.a. Wäre es ja meine erste Beichte nach meiner Taufe. Und ja, sie ist wohl schon überfällig. Viele liebe Grüße, michi
iKaplanColonia sagte:
Antwort wurde soeben gepostet. Dein iKaplan
Markus Rischen sagte:
Wobei sich natürlich auch die sakramentale Form der Beichte erst entwickelt – die Ohrenbeichte so wie wir sie heute kennen hat es ja viele Jahrhunderte nicht gegeben. Und auch der Wert der gegenseitigen Vergebung („vergib uns wie auch wir vergeben“) ist nicht zu verkennen. Es gibt viele Formen der Sündenvergebung.
iKaplanColonia sagte:
In jedem Fall musste aber ein Sündenbekenntnis abgelegt werden — auch wenn die FORM dieses Bekenntnisses anfangs tatsächlich unterschiedlich war. Im Übrigen ist die Ohrenbeichte ja einfach nur die Entwicklung hin zu einer Vereinfachung der Beichpraxis für den Pönitenten. Und die Kirche kennt seit jeher – aus den genannten Gründen – neben vielen Formen der Sündenvergebung für lässliche Sünden (gute Werke etc.) nur eine Art der Versöhnung – nämlich eben das Bußsakrament. Als Katholiken sind und bleiben wir vom Sakrament geprägt – und das braucht die Vermittlung durch die Kirche, da lässt sich nichts machen.
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Markus Rischen sagte:
Ich wollte nur dem Eindruck entgegentreten, als ob die Apostel schon Beichtvorbereitung mit Erstommunionkindern gemacht hätten. Die Junge Kirche kannte ja viel mehr als nur sieben Sakramente und auch die sieben die wir heute als verbindlich erkennen, waren zmindest in ihrer Form doch sehr verschieden von der Art und Weise, wie wir sie heute feiern. Und damals wie heute gab es sehr unterschiedliche Formen der Sündenvergebung. Die Unterscheidung zwischen Sündenvergebung und Versöhnung verstehe ich ehrlich gesagt nicht ganz.
iKaplanColonia sagte:
Ich habe da Versöhnung und Sündenvergebung als Synonyme gebraucht. Kleine Sünden waren nie verpflichtendes „Material“ für das Bußsakrament, aber schwere Sünden eben schon. Und für die war die sakramentale Vergebung unumgänglich. Und weil man die postbaptismale Vergebung – also die Beichte – überhaupt nur ein einziges Mal empfangen durfte, schob man sie eben in der Regel möglichst lang hinaus. Hatte man dann einmal seine Sünden bekannt, folgte ein öffentlicher (!) Bußakt, der je nach Schwere der Sünde eine Zeit brauchte, und erst dann wurde man wieder in die Gemeinschaft der Kirche zurückgeholt. Zum Glück ist diese doch mit sehr hohen Hürden und großen Demütigungen verbundene Form des Bußsakraments später der Beichtpraxis gewichen, wie wir sie heute kennen…
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