StartseiteRegionalBayern Katholiken: Basis rebelliert gegen Theologen

Petition

Katholiken: Basis rebelliert gegen Theologen

München / Lesedauer: 3 min

Die Memorandums-Autoren erfahren massiven Widerspruch zu ihrer Kritik an Zölibat und Männerwirtschaft
Veröffentlicht:20.02.2011, 18:25

Artikel teilen:

Über 5000 Katholiken, viele davon aus Oberschwaben, haben binnen weniger Tage einen Aufruf unterschrieben, der auf den ersten Blick so gar nicht zum Umbruch passt, den konservative Politiker und rebellische Theologen der Kirche wünschen.

Die Unterzeichner der Petition „Pro Ecclesia“ wollen nicht über den Zölibat und die Homo-Ehe streiten, sondern ein Glaubenserlebnis, das über den Verstand hinaus wieder die Herzen erreicht. Für die Kirchen-Modernisierer ist der erstaunlich hohe Zuspruch eine ernste Herausforderung. Dieser Glaubenskampf könnte ganz anders ausgehen, als es noch zum Jahreswechsel schien.

Die Unterschriftenliste von „Pro ecclesia“ ist nicht nur lang, sondern auch kunterbunt, vom Kaminkehrer bis zu Theologie-Studenten in erstaunlich großer Zahl. Die Gegenbewegung zum vermeintlichen Zeitgeist ist vor allem jung und nicht belastet durch Namen, die man immer wieder liest, wenn Katholiken ein Zurück zu den Wurzeln eines hierarchischen Glaubens fordern. Pfarrer vom bayerischen Oberland bis in die norddeutsche Tiefebene bekennen sich zum Wert der Ehelosigkeit, die ihnen in der Entscheidungsphase nicht leicht gefallen sei; aber auch eine besondere Freiheit gebe, nur für Gott und die Menschen da zu sein.

Bewusst wollen die Initiatoren ihrer Initiative kein Gesicht geben. Sie verstehen sich als Gruppe, die nicht angeführt wird, sondern aus der Kraft der Gemeinschaft lebt, sagt eine Frau aus dem Kreis der Erstunterzeichner. Die momentan 5085 Namen könne ja jeder nachlesen im Internet. Und für Anfragen oder Interviews ist der katholische Internet-Pionier Peter Winnemöller zuständig. Der Westfale hatte auch die Idee mit der Petition. Sonst setzen sie auf die Überzeugungskraft der Gemeinschaft, die für sich beansprucht, auch Gemeinde zu sein. Eine Gemeinde, die das Erleben jener christlichen Spiritualität einfordert, die sie zunehmend vermissen.

Das Theologen-Memorandum „Kirche 2011“ ist aus der Sicht der Unterzeichner der Petition wenig hilfreich: „Die Forderungen an die Bischöfe fügen der Kirche großen Schaden zu. Gläubige werden verunsichert, getäuscht und in die Irre geführt.“ Sie wollen sich nicht irgendwann auf einem „Katholiken-Parteitag“ wiederfinden, auf dem Delegierte entscheiden, wer Bischof wird, oder welche Regeln gelten für einen Christenmenschen. Denn durch Jesus Christus sei schon alles gesagt, was zu sagen ist.

Spannend ist daran auch, dass die Petenten das Argument des Priestermangels nicht durchgehen lassen als Begründung für die Theologen-Forderung nach Verheirateten und Frauen im Priesteramt: Gemessen an der Zahl der Gläubigen, die noch regelmäßig in die Kirche gehen, gebe es genug Pfarrer, heißt es in den Diskussions-Foren. Das Problem sei eher, dass Geistliche zu viel Zeit in allerlei Gremien zubringen – und zu wenig in den Gemeinden. Wo das hinführt, sei bei den Protestanten zu studieren.

Die Würzburger „ Tagespost “ als Intelligenzblatt des Katholizismus hat dazu den „Spiegel“-Redakteur Matthias Matussek befragt, der zu einer Gallionsfigur der Kirchen-Renaissance geworden ist: „Zölibat als Lebensbekenntnis ist eines der Hauptunterscheidungsmerkmale von den protestantischen Kollegen. Auch die Weihe von Frauen gibt es bei den Protestanten wie selbstverständlich, in der katholischen Kirche eben nicht. Die Wahl von Pfarrern durch die Gemeindemitglieder und synodale Strukturen gibt es ebenfalls auf der evangelischen Seite. Stehen die Protestanten damit heute besser da als die Katholiken?“

Zu den Thesen und der Unterschriftenliste von "Pro ecclesia"

Zum Memorandum "Kirche 2011 - Ein notwendiger Aufbruch" der Theologieprofessoren und zu den Unterstützern des Memorandums "Kirche 2011"