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Behördenpanne: Giftrezept vom FBI

US-Behörde FBI veröffentlichte Rezept für hochgiftiges Rizin

Aufregung herrscht in Washington, in der Poststelle des US-Kongresses ist ein Briefumschlag mit hochgiftigem Rizin aufgetaucht. Adressiert war die Post an einen Senator. Ein verschlüsseltes Rezept zur Herstellung der Substanz steht frei verfügbar im Internet - auf der Website des FBI.
Von Rainer Leurs

Washington/Hamburg - Sternchen, Pfeile, Runen, liegende Achten - auf den ersten Blick ist es nur eine krude Aneinanderreihung von Hieroglyphen, die die US-Ermittlungsbehörde FBI auf ihrer Website zeigt. Doch tatsächlich handelt es sich bei dem handgeschriebenen Code um ein Rezept zur Herstellung des Gifts Rizin - zu entschlüsseln und nachzumischen selbst für Laien.

Veröffentlicht wurde der Text bereits im März 2011 auf den Seiten der FBI-internen Dechiffrierungsabteilung CRRU. Dort dient er als Beispiel für die Arbeit der Verschlüsselungsexperten. Kurioserweise macht die Behörde um den Inhalt des Codes kein großes Geheimnis: "Verschlüsselte Instruktionen zur Herstellung von Rizin-Gift", heißt es in der Bildunterschrift.

Rizin ist in den Samenschalen der Rizinusstaude enthalten und gilt als einer der giftigsten Eiweißstoffe, die in der Natur vorkommen. In isolierter Form genügt etwa ein Milligramm, um einen erwachsenen Menschen umzubringen.

Erst am Dienstag hatte ein in der Poststelle des US-Kongresses abgefangener Brief für Aufregung gesorgt, der offenbar Rizinpulver enthielt. Adressiert war der Umschlag an den republikanischen Senator Roger Wicker aus Mississippi. Ob es einen Zusammenhang mit den Terroranschlägen von Boston gibt, ist noch unklar.

"Die Methode sollte funktionieren"

"Ich bin natürlich davon ausgegangen, dass die Nachricht entweder nicht entschlüsselbar ist oder kein echtes Rezept enthält", sagt der Buchautor und Verschlüsselungsexperte Klaus Schmeh. Er entdeckte das brisante Anschauungsmaterial und postete den Code in seinem Krypto-Blog . "Zu meiner Überraschung haben zwei Leser die Verschlüsselung geknackt und festgestellt, dass es sich um ein vollständiges Rezept handelt", sagt er.

Tatsächlich lässt sich mit Hilfe der Anleitung das hochgiftige Rizin herstellen - mehr als ein paar Haushaltsgeräte braucht man dafür nicht. "Es ist eine sehr grobe Methode zur Anreicherung von Proteinen allgemein", erklärt Wolfgang Kreis, Professor für pharmazeutische Biologie an der Uni Erlangen. "Sie sollte funktionieren."

Umso erstaunlicher, dass die verschlüsselte Anleitung auf der FBI-Seite nicht besonders schwer zu knacken ist. "Das ist für den interessierten Laien machbar", sagt Johannes Blömer, Leiter der Arbeitsgruppe Codes und Kryptographie an der Uni Paderborn . "Wenn das FBI nicht will, dass das entschlüsselt wird, hätten sie es nicht auf die Seite setzen sollen. Denn so ausgefuchst ist das Verfahren nicht."

Nicht mehr als eine Stunde benötigte dann auch ein Leser von Klaus Schmehs Weblog, bis er den Klartext vorliegen hatte. Seinen Namen möchte er lieber nicht nennen. "Ich finde es schon merkwürdig, dass das FBI diese Nachricht veröffentlicht, wohlwissend, worum es sich handelt", sagt er.

Ginge man nach der FBI-Anleitung vor, erhielte man zwar nicht die tödlichste Form der Substanz. Das Endprodukt sei aber immer noch angereichert und sehr, sehr giftig, hieß es aus einem deutschen Chemieunternehmen.

Beim FBI stand für eine Stellungnahme bis zum Nachmittag niemand zur Verfügung.