Jesu Tod am Kreuz

6. April 2012


Einige Gedanken zum Karfreitag

Jesus stirbt. Er schreit: „Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?“ Dann: „Es ist vollbracht.“ – Verlassenheit und Vollendung berühren sind, Leid und Heil, Tod und Leben.

In dem Moment, in dem der Herr Seinen Geist aufgibt, beginnt das Programm, das später als Christentum bekannt werden sollte: der Vorhang des Tempels zerreißt, der Hauptmann bekennt sich. Juden und Heiden sind betroffen, sakrale und säkulare Systeme. Nichts hält stand, als Gott den Neuen Bund besiegelt – kein äußeres Gebäude aus Stein, kein inneres aus Gedanken.

Verlassenheit und Vollendung – beides fällt im Tod zusammen: Das Verlassen dieser Welt und die Vollendung in Gott. Jesus Christus vollendet mit seinem Tod am Kreuz nicht nur sich, er vollbringt mehr: er vollendet die Welt, die er verlässt. Dies geschieht, indem sich Gott selbst in Christus verlässt, um aus Liebe menschliches Leid bis zur Konsequenz des Todes nachzufühlen, um uns in Sterben und Tod ganz nah zu sein. Und auch in den tiefsten Abgründen des Lebens, in denen wir Verlassenheit spüren.

Gott ist in Jesus Christus bei uns, wenn wir leiden, wenn wir sterben. Das ist gewiss. So gibt es kein sinnloses Leid und keinen sinnlosen Tod, weil alles im Kreuz aufgehoben ist, im Leid der Gottverlassenheit, das größer ist als jedes andere Leid, und in der Vollendung des Lebens, die bedeutender ist als jede andere Vollendung, weil sie vollbringt, dass der Tod zum Tor wird – aufgestoßen zu neuem, ewigem Leben.

Gott wurde in Jesus Christus Mensch. Er trägt die unausweichlichen Konsequenzen, bis zum Schluss, bis zu Sterben und Tod. Diese Folge des Menschseins wird heute oft verdrängt. Das Sterben ist aber ein zum Leben gehörender Prozess, den es zu begleiten, dessen Verlauf und Dauer es aber nicht zu gestalten gilt, auch dann nicht, wenn dazu der Wille bekundet wird.

Das Sterben wird im Christentum als Teil des irdischen Lebens ernstgenommen. Der Sterbende erfährt in besonderen Sakramenten der Kirche, dass er von seiner Glaubensgemeinschaft angenommen ist und bleibt, im Sterben, im Tod und über den Tod hinaus. Der Sterbende darf aus dem Hier und Jetzt scheiden – im Vertrauen darauf, von Gott in Gnade und Barmherzigkeit aufgenommen zu werden.

Der Tod liegt auf der Grenze zwischen Diesseits und Jenseits, also dort, wo die Gott-Mensch-Beziehung, die „religio“, in beide Richtungen offen ist und sich damit die Hoffnung auf Leben verdichtet, die Hoffnung auf neues, ewiges Leben.

(Josef Bordat)

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