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Joseph Schumacher - DIE PIUS-BRUDERSCHAFT

DIE PIUS-BRUDERSCHAFT

Vortrag vor der Akademie der älteren Generation in Achern
gehalten im Gemeindehaus „St. Joseph“ in Achern am 15. April 2013


"Die Pius-Bruderschaft entstand im Jahre 1969 in Absetzung von den Reformen des II. Vati-kanischen Konzils. Die Streitpunkte waren damals die Liturgie, die Religionsfreiheit und die Ökumene und die Stellungnahme zu den nichtchristlichen Religionen. Die Bruderschaft strebt die Wiederherstellung der authentischen katholischen Lehre an, freilich so, wie sie diese ver-steht.

Der Gründer der Bruderschaft, der französische Erzbischof Marcel Lefebvre, - er stammt aus Nordfrankreich, er lebte von 1905 bis 1991 - vollzog den Bruch mit der vom Papst nicht er-laubten Weihe von 4 seiner Priester zu Bischöfen, die er Weihbischöfe nannte, das war im Sommer des Jahres 1988. Die Namen der vier Bischöfe sind Bernard Fellay (* 1958), ein Schweizer, Bernard Tissier de Mallerais (* 1945), ein Franzose, Alfonso de Galarreta (* 1957), ein Spanier bzw. Argentinier, und Richard Williamson (+ 1940), ein Engländer, der seit dem vergangenen Jahr nicht mehr in der Bruderschaft ist, weil er sich dem Generaloberen nicht mehr unterordnen wollte. Mit der Weihe zogen sich die vier geweihten Bischofe sowie der weihende Bischof und noch ein zweiter emeritierter Bischof, der als Mitkonsekrator tätig war, die kirchliche Strafe der Exkommunikation zu. Ein Bischof darf die Bischofsweihe nur im Einvernehmen mit der kirchlichen Zentralleitung spenden, respektive mit der Zustimmung des Papstes. In Voraussicht dieses Bruchs der Bruderschaft mit der Kirche hatte sich einige Monate vorher eine Reihe von Priestern und Seminaristen von Lefebvre getrennt und die Petrus-Bruderschaft gegründet. Sie erkannten, dass die Weihe von Bischöfen, die Lefebvre vorzunehmen beabsichtige, die Bruderschaft aus der Kirche herausführen und eine Sekte aus ihr machen werde. Sie gründeten ein Priesterseminar an der Gebetsstätte Wigratzbad in der Nähe von Lindau, in dem in zwei Sektionen, einer deutschen und einer französischen Sektion, die Ausbildung der zukünftigen Priester erfolgen sollte. Wie die Pius-Bruderschaft wollte auch die Petrus-Bruderschaft eine Priester-Bruderschaft sein, wollte dabei aber in besonderer Treue zum Nachfolger der Apostel und zum Papsttum stehen. Als Erben der Pius-Bruderschaft wollten sie den alten Ritus der so genannten Tridentinischen Messe und die lateinische Sprache in der Spendung der Sakramente beibehalten, dabei aber ihr besonderes Augenmerk auf die Heiligung der Priester und von daher auf eine innere Reform der Kirche richten. Dafür entwickelten sie zahlreiche Initiativen in der außerordentlichen Seelsorge. Inzwischen zählt die Petrus-Bruderschaft an die 200 Priester und etwa 70 Seminaristen. Heute hat sie ein zweites Priesterseminar in den USA, in Denton, das sich beinahe noch besser ent-wickelt als das Priesterseminar in Wigratzbad. Dadurch erhöht sich die Zahl der Seminaristen noch einmal um mehr als 70.

Die Geschichte der Pius-Bruderschaft begann mit der Gründung eines internationalen Prie-sterseminars in Écone im schweizerischen Kanton Wallis in der Nähe der Stadt Sitten, der Metropole des Wallis, in einem alten verlassenen Kloster. Die Gründung des Priesterseminars erfolgte damals, im Jahre 1969, im Einvernehmen mit Bischof Francois Charrière (+ 1976), der am 1. November des Jahres 1970 die Statuten der Pius-Bruderschaft, welche die Trägerin des Priesterminars sein sollte, approbierte. Zusammen mit einigen französischen Seminaristen hatte Erzbischof Lefebvre die Pius-Bruderschaft damals eine fromme Vereinigung gegründet, als „Pia Unio“, wie der Fachausdruck des kanonischen Rechtes hier lautet. Aus diesen klei-nen Anfängen hat sich ein gigantisches Unternehmen entwickelt, das lediglich mit Spenden aufgebaut worden ist. Im Jahre 1975 entzog der Nachfolger des Bischofs Charrière, Pièrre Mamie, der Bruderschaft sein Placet. Seither hat sie ihren kirchlichen Status verloren, existiert sie im Ungehorsam gegenüber der kirchlichen Autorität.
Marcel Lefebvre entstammte einer frommen Industriellen- Familie. Zwei seiner Brüder Mar-cel Lefebvres waren Priester und zwei seiner Schwestern Ordensfrauen. Sein Vater starb 1944 im nationalsozialistischen Konzentrationslager Sonnenburg in der Neumark, östlich der Oder. Man hatte ihm Unterstützung der Alliierten durch Spionageaktivitäten sowie Fluchthilfe für jüdische Bürger vorgeworfen. Marcel hatte seine philosophischen Studien am Französischen Seminar in Rom und an der Gregoriana gemacht, zunächst als Weltpriester, er trat dann aber im Jahre 1931 in die Ordensgemeinschaft der Spiritaner ein, der Väter vom Heiligen Geist, um Missionar in Afrika zu werden. Dort wurde er 1947 zum Bischof geweiht. 1960 wurde er als solcher in die zentrale Vorbereitungskommission für das zweite Vatikanische Konzil berufen. 1962 verzichtete er auf sein Amt als Bischof von Dakar in Französisch-Afrika zugunsten eines einheimischen Bischofs. Nach seiner Rückkehr nach Frankreich war er für 7 Monate Diözesanbischof in Tulle, um dann im Juli des Jahres 1962 zum Generaloberen der Spiritaner gewählt zu werden. Als Konzilsvater nahm er an allen drei Sitzungsperioden des Konzils, das von 1962 bis 1865 dauerte, teil. 1963 organisierte er sich zusammen mit 250 Konzilsvätern in einem konservativen Flügel zusammen mit Kardinal Ottaviani und Kardinal Spellman, Coetus Internationalis Patrum genannt. Seine Kritikpunkte waren auf dem Konzil die Idee der Kollegialität der Bischöfe, die ökumenische Öffnung der Kirche mit das Dekret „Unitatis redintegratio“ und die Religionsfreiheit mit der Erklärung „Dignitatis humanae, nicht aber die Liturgiekonstitution mit der Konstitution „Sacrosanctum Concilium“ von 1963. Ihr stimmte er ausdrücklich zu, lehnte dann jedoch die Liturgiereform nach dem Konzil vehement ab. Er unterzeichnete als Konzilsvater fast alle Dokumente, verschärfte aber seine Kritik am Konzil nach dem Abschluss des Konzils mehr und mehr. Im September 1968 gab er das Amt des Generaloberen seines Ordens auf, weil dieser auf seiner Generalversammlung gegen seinen erklärten Willen weitreichende Reformen im Sinne des Konzils beschlossen hatte.
Kurze Zeit danach baten ihn Seminaristen des Französischen Priesterseminars in Rom um ein konservatives Seminar, in dem sie ihre Studien beenden könnten und unbedrängt an traditio-nellen Glaubensvorstellungen und Doktrinen festhalten zu können. Lefebvre verwies sie zunächst an die Universität Freiburg in der Schweiz. Die Seminaristen sahen dort jedoch ihr Anliegen nicht gesichert und baten ihn, er möge sie selber persönlich unterrichten. Daher wandte Erzbischof Lefebvre sich an den Diözesanbischof des Bistums Lausanne-Genf-Freiburg, François Charrière mit der Bitte, eine Priestergemeinschaft und ein Priesterseminar begründen zu dürfen. Dieser genehmigte im Sommer 1969 die Gründung der so genannten Confraternitas Pius X. in seiner Diözese in der Gestalt der Rechtsform einer „Pia Unio” gemäß can. 707 ff des kirchlichen Rechtsbuches CIC von 1917. und genehmigte im darauf folgen Jahr die Statuten der frommen Vereinigung für den Zeitraum von sechs Jahren „ad experimentum”, wie gesagt. Kardinal John Joseph Wright (+ 1979), Präfekt der Kongregation für den Klerus, gratulierte Lefebvre damals brieflich zur Gründung der Bruderschaft.
1971 lehnte Lefebvre die neue Messordnung, die Paul VI. am 3. April 1969 verkündet hatte, ab und betrachtete die Liturgiereform von 1969 nun als Einführung von Martin Luthers (+ 1546) Abendmahlsverständnis in der katholischen Kirche. Die kirchlichen Veränderungen seit dem Konzil seien, so erklärte er damals, das Ergebnis eines Komplotts liberaler und anti-christlicher Mächte. Daraufhin berief Kardinalstaatssekretär Jean-Marie Villot (+ 1979) im Auftrag des Papstes eine Kommission ein, die die Angelegenheit untersuchen sollte. Dazu gehörten Kardinal Gabriel-Marie Garrone (+ 1994), Kardinal Wright und Kardinal Arturo Tabera (+ 1975).
Am 21. November 1974 veröffentlichte Lefebvre folgende „Grundsatzerklärung“: „Wir hängen mit ganzem Herzen und mit ganzer Seele am katholischen Rom, der Hüterin des katholischen Glaubens und der für die Erhaltung dieses Glaubens notwendigen Traditio-nen […] Wir lehnen es hingegen ab, und haben es immer abgelehnt, dem Rom der neo-modernistischen und neo-protestantischen Tendenz zu folgen, die klar im Zweiten Vatikanischen Konzil und nach dem Konzil in allen Reformen, die daraus hervorgingen, zum Durchbruch kam […] Keine Autorität, selbst nicht die höchste in der Hierarchie, kann uns zwingen, unseren Glauben, so wie er vom Lehramt der Kirche seit neunzehn Jahrhunderten klar formuliert und verkündet wurde, aufzugeben oder zu schmälern […] Da diese Reform vom Liberalismus und vom Modernismus ausgeht, ist sie völlig vergiftet. Sie stammt aus der Häresie und führt zur Häresie, selbst dann, wenn nicht alle ihre Akte direkt häretisch sind! Daher ist es jedem wachen und treuen Katholiken unmöglich, diese Reform anzunehmen und sich ihr, in welcher Weise auch immer, zu unterwerfen“.
Am 13. Februar und 3. März 1975 musste sich Lefebrvre vor der oben genannten Kar-dinalskommission in Rom für seine Haltung verantworten. Daraufhin erteilte Kardinal Tabera Bischof Pierre Mamie (+ 2008) als Bischof von Lausanne, Genf und Fribourg, Charrières Nachfolger, brieflich die Anweisung, die Piusbruderschaft aufzulösen. Am 6. Mai 1975 ent-zog dieser ihr die Anerkennung als katholische Organisation und erklärte, Lefebvre werde bis zum Widerruf seiner Erklärung vom 21. November 1974 keinerlei kirchliche Unterstützung erhalten[1].
Damals schrieb Papst Paul VI. am 29. Juni 1975 in einem persönlichen Brief handschriftlich an Lefebvre: „Lieber Bruder, wir schreiben Ihnen heute mit Schmerz. Mit Schmerz, den wir können die innere Zerrissenheit eines Mannes, der die Zerstörung seiner Hoffnung sieht, die Ruinen des Werkes, das er um der guten Sache willen aufgebaut zu haben glaubt, nachfühlen. Mit Schmerz, denn wir denken an die Verwirrung der jungen Leute, die Ihnen mit großem Eifer gefolgt sind, und die jetzt das Ende der Sackgasse entdecken. Unser Schmerz jedoch ist noch größer, da wir feststellen, dass der Entscheid der kompetenten Obrigkeit von Ihnen weiterhin angefochten wird. Ja, Sie versuchen, eine juristische Möglichkeit zu finden, den Entscheid abzuschwächen. Dazu muss noch gesagt werden, dass der Entscheid ganz klar formuliert und gerechtfertigt war, dass infolge Ihrer Weigerung, von Ihrer öffentlichen und nachhaltigen Opposition gegen das Zweite Vatikanische Konzil, die nachkonziliaren Refor-men und die Richtlinien, die den Papst persönlich engagieren, abzusehen“. Der Papst schrieb dann weiter: „Was uns Sorge macht, das ist die Oberflächlichkeit gewisser Interpretationen der Konzilsdokumente, individuelle oder kollektive Initiativen, die manchmal mehr mit Willkür als mit vertrauensvollem Festhalten an der Lehre der Heiligen Schrift und der Tradition zu tun haben, Unternehmungen, für die der Glaube willkürlicherweise Pate stehen soll, all das kennen wir. Wir leiden darunter, und wir versuchen, was uns betrifft, Heilmittel zu finden …“. Diesen Brief hat Lefebvre damals nicht beantwortet., weshalb der Papst noch einen zweiten hnadschriftlichen Brief folgen ließ. In dem zweiten Brief heißt es dann: „Vielleicht meinen Sie, dass Ihre Absichten falsch verstanden wurden? Vielleicht glauben Sie, dass der Papst falsch informiert ist oder dass auf ihn Druck ausgeübt wird? Lieber Bruder, Ihre Haltung wiegt für uns so schwer - dies wiederholen wir Ihnen -, dass wir sie persönlich geprüft haben, und zwar in allen Einzelheiten mit der vorrangigen Sorge für das Wohl der Kirche und der besonderen Rücksicht auf die Personen. Den Entscheid, den wir Ihnen in unserem letzten Brief bestätigt haben, haben wir nach reiflicher Überlegung vor dem Herrn gefällt … Beten Sie zum Heiligen Geist, lieber Bruder, er wird Ihnen die nötigen Verzichte zeigen und Ihnen helfen, den Weg der vollen Gemeinschaft mit der Kirche und mit dem Nachfolger des heiligen Petrus wieder zu finden …“. Dann antwortete Lefebvre ausweichend und lehnte es ab, seine Erklärung vom 21. November 1974 zurückzunehmen[2].
Die Auflösung der Bruderschaft wurde durch das höchste Gericht der Kirche, die Apostoli-sche Signatur, bestätigt. Dagegen wandte sich Lefebvre mit der Feststellung, die Kardi-nalskommission sei nicht befugt gewesen sei, seine Erklärung zu beurteilen. Diese sei persön-licher Art gewesen, so dass allenfalls er selbst dafür bestraft werden dürfe. Es gehe nicht an, deshalb die Piusbruderschaft und deren Priesterseminare aufzulösen. Die Apostolische Signa-tur lehnte diesen Rekurs Lefebvres am 10. Juni 1975 ab, da Papst Paul VI. die Entscheidung der Kardinalskommission befürwortete habe und zwar „in forma specifica“. Dies bestätigte dieser in den zwei erwähnten persönlichen Briefen an Lefebvre. Für den Vatikan war die Sache damit zunächst erledigt, und die Piusbruderschaft war fortan keine römisch-katholische Organisation mehr. Konkret bedeutete das, dass er keine Priester mehr weihen durfte.
Lefebvre blieb indessen dabei, dass die durch Rom verfügte Aufhebung der Piusbruderschaft ungültig sei. Er stellte nun fest, die Kardinalskommission habe ihre Kompetenz überschritten, da der Papst ihre spezifische Entscheidung erst nach Erlass des Rechtsaktes bestätigt habe. Er setzte also seine Arbeit fort, und ignorierte somit die Weisungen des Diözesanbischofs und Roms. Im Konsistorium am 24. Mai 1976 kritisierte Papst Paul VI. ihn deswegen öffentlich und appellierte an ihn und seine Anhänger, sich zu besinnen. Als Lefebvre trotz des ausdrücklichen Verbotes des Papstes weiter Seminaristen zu Priestern weihte, wurde er 1976 mit der Strafe der Suspension belegt,, so dass er seine priesterliche und bischöfliche Voll-macht nicht mehr rechtmäßig ausüben konnte. Lefebvre kümmerte sich auch nicht um die neuerliche Aktion Roms. Er berief sich auf das Schriftwort: „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen“ und beteuerte vor seinen Seminaristen, er gehorche zwar nicht dem Papst, dem konkreten Träger des Petrusamtes, aber dem ewigen Rom, das konkrete Rom sei von antichristlichen Mächten besetzt. So argumentierte er auch, als er vier Priester der Bruder-schaft im Jahre 1988 angesichts seines nahenden Todes, er war damals 83 Jahre alt, zu Bi-schöfen weihte. Er wollte dem „Lehramt aller Zeiten“ (Brief vom 21. November 1974) gehor-sam sein, nicht aber dem konkreten Lehramt der Kirche, rechtfertigte damit aber seinen subjektiven Sonderweg und versuchte er, ihm Objektivität zu verleihen
Mit der Weihe der vier Bischöfe besiegelte er den Bruch mit Rom. Zuvor hatte der Vatikan noch einmal mit ihm verhandelt und dabei nicht wenige Konzessionen gemacht. Zunächst ging er darauf ein, dann aber wandte er sich skeptisch ab und ging seine eigenen Wege. Die Verhandlungen erfolgten damals mit Kardinal Ratzinger (* 1927), der zu der Zeit Präfekt der Glaubenskongregation war. Infolge der Bischofsweihen entstand die Petrus-Bruderschaft, von der bereits die Rede war. Damals wurde in Rom die Päpstliche Kommission Ecclesia Die errichtet, die den Auftrag erhielt, die Petrus-Bruderschaft und all jene altritualistischen Grup-pen zu betreuen, die sich in der weiteren Entwicklung von der Pius-Bruderschaft distanzier-ten. Bald entstanden nun auch einige altritualistischen Ordensgemeinschaften, so Benedik-tiner, Dominikaner und Franziskaner[3].
Die Medien sorgten für großen Wirbel im Jahre 2009, als der Heilige Vater am 21. Januar die Exkommunikation aufhob, die sich die vier von Lefebvre geweihten Bischöfe zugezogen hatten. Zuvor hatten die betreffenden Bischöfe in einem Schreiben den Primat des Papstes im Allgemeinen und des amtierenden Papstes im Besonderen anerkannt, womit der Grund für die 1988 ausgesprochene Exkommunikation entfallen war. Die Bedeutung der Aufhebung der Exkommunikation wurde durch die Medien hochgespielt und entsprechend negativ kommen-tiert, speziell im Blick auf den Bischof Williamson. Gewiss hätte der Papst diesen davon aus-genommen, wenn er um dessen dumme antisemitischen Äußerungen gewusst hätte, aber die Aufhebung der Exkommunikation bedeutete nicht die Legitimierung dieser Personen als Bischöfe. Das heißt: Nach wie vor dürfen sie gemäß dem kanonischen Recht der Kirche keine geistlichen Funktionen ausüben. Lediglich können sie bei entsprechender Disposition die Sakramente empfangen.
Ich schrieb damals in einer Stellungnahme: „In der gegenwärtigen medialen Kritik an der Amtsführung des Papstes Benedikt XVI. ist die die Verwirrung grenzenlos. In einer „unheili-gen Allianz“ verbünden sich dabei jene, die mehr oder weniger dezidiert außerhalb der Kirche stehen, mit solchen, die noch drinnen sind oder bewusst drinnen sein wollen. Sie alle erheben den Anspruch, rational zu argumentieren, tun das jedoch extrem irrational. Unverkennbar übertreiben sie, wenn sie Empörung, Betroffenheit, Entrüstung, Bestürzung, Fassungslosig-keit, große Sorge und Unglücklichsein mit dem Papst und seinem Vorgehen artikulieren und wenn sie das, was sie kritisieren, als unsäglich, als ungeheuerlich und als erschreckend qualifizieren. Dabei reichen sich faktisch immer wieder Unterstellungen, Verleumdung und Desinformation die Hand. Was die Ehrlichkeit solcher Gefühlsausbrüche angeht, drängen sich große Bedenken auf. Die Kritiker sind klug, und ihnen geht es um die Kirche und ihre Glaub-würdigkeit, der Papst und seine Mitarbeiter, sie sind uneinsichtig, und ihnen geht es um die Festigung ihrer Machtpositionen. Wer kann das nachvollziehen? Wieder einmal, so schreibt der stellvertretende Vorsitzende der Französischen Bischofskonferenz, Erzbischof Hippolyte Simon, wird der Papst durch den Dreck gezogen durch die Mehrheit der Medien. Das ist es“[4]. Ich fügte dann in meiner damaligen Stellungnahme hinzu: „Die Aufhebung der Exkommuni-kation der vier Lefebvre-Bischöfe ist ein Gnadenakt des Papstes, die nicht das rechtfertigt, was zu dieser Exkommunikation geführt hat. Die vier Bischöfe wurden nicht wieder einge-gliedert in die Kirche. Von einer Rehabilitierung kann hier keine Rede sein. Die Aufhebung ihrer Exkommunikation ist nichts anderes als die ausgestreckte Hand des Heiligen Vaters, der die verlorenen Söhne ins Vaterhaus zurückführen möchte, die selbstverständlich nur dann Einlass finden können, wenn sie den ganzen Glauben der Kirche bejahen, wozu natürlich auch das Glaubenszeugnis des Zweiten Vatikanischen Konzil gehört. Diese Bejahung müssen allerdings auch jene vollziehen, die sich nicht offiziell von der Kirche entfernt haben, die nun unerwartet die Pose der Hüter des wahren Glaubens annehmen. Die vier Bischöfe der Lefebvre-Bewegung bleiben also suspendiert und für deren Verhältnis und das Verhältnis ihrer Anhänger zur Kirche ändert sich nichts“..

Ich fügte hinzu: „Es ist abwegig, die antisemitischen Äußerungen des einen der vier Lefebvre-Bischöfe zum Anlass zu nehmen, dem Papst oder der Kirche in Kontext der Aufhebung seiner Exkommunikation Antisemitismus vorzuwerfen. Bemerkenswert ist, dass man hier auf der einen Seite behauptet, zu Recht, es sei ein Zeichen für Irrsinn, die Shoa zu leugnen oder abzu-wiegeln, dann aber auf der anderen Seite deren Leugnung oder Abwiegelung als moralische Verfehlung qualifiziert. Entweder ist es das eine oder das andere, entweder geht die Leugnung zu Lasten geistiger Verwirrung oder der Delinquent muss sich verantworten. In jedem Fall hat sich der englische Lefebvre-Bischof mit seiner Behauptung disqualifiziert. Die Konsequenzen daraus zu ziehen, obliegt jedoch in jedem Fall seinem Oberen“. Dieser hat das inzwischen getan[5].
Im Anschluss an die Medienkampagne um die Aufhebung der Exkommunikation der vier Lefebvre-Bischöfe, speziell um die Aufhebung der Exkommunikation des heute nicht mehr der Pius-Bruderschaft angehörenden Bischofs Williamson, folgte ein 1 1/2 jähriger Dialog. Mitte Februar des Jahres 2012 hieß es nach inoffiziellen Informationen, die Glaubenskongre-gation habe der Bruderschaft ein Ultimatum gestellt bis zum 22. Februar, werde dies nicht eingehalten, werde die Glaubenskongregation die einzelnen Mitglieder direkt kontaktieren und zur Rückkehr auffordern. Papst Benedikt XVI. hat das Ultimatum indessen am 21. Februar, also vor seinem Rücktritt am 28. Februar, aufgehoben, um, wie der Pressesprecher des Papstes Pater Lombardi erklärte, die Angelegenheit der Pius-Bruderschaft seinem Nach-folger zu überlassen. Benedikt XVI. hat somit das entsprechende Schreiben des Präfekten der Glaubenskongregation unwirksam gemacht. Wie der neue Papst verfahren wird ist offen, aber mit Sicherheit wird er nicht anders als sein Vorgänger alles tun, um eine Einigung herbei-zuführen[6].
Stets hatte sich Papst Benedikt XVI intensiv darum bemüht, die Pius-Bruderschaft wieder einzugliedern in die Kirche. Schon für den Präfekten der Glaubenskongregation war Einigung mit der Pius-Bruderschaft bzw. deren Heimholung ein vordringliches Anliegen. Noch kurz vor dem Bruch im Jahre 1988 fanden intensive Gespräche statt, die am 5. Mai 1988 zu dem so genannten Protokoll führten, einem Einigungspapier. In ihm heißt es: „Ich, Marcel Lefebvre, emeritierter Erzbischof von Tulle sowie Mitglied der von mir gegründeten Priesterbruder-schaft St. Pius X., verspreche der katholischen Kirche und dem Bischof von Rom, ihrem Obersten Hirten, dem Stellvertreter Christi, dem Nachfolger des heiligen Petrus und seinem Primat als Oberhaupt der Gesamtheit der Bischöfe, immer treu zu sein; erkläre die in Nummer 25 der Dogmatischen Konstitution „Lumen gentium“ des Zweiten Vatikanischen Konzils ent-haltene Lehre über das kirchliche Lehramt und die ihm geschuldete Zustimmung anzuneh-men. Hinsichtlich gewisser, vom Zweiten Vatikanischen Konzil gelehrter Punkte oder gewi-sser nach dem Konzil erfolgter Reformen der Liturgie und des Kultes, die uns mit der Tradi-tion schwer vereinbar erscheinen, verpflichten wir uns, bei deren Studium und einem Vorbrin-gen beim Heiligen Stuhl eine positive Haltung einzunehmen und jede Polemik zu vermeiden. Wir erklären außerdem, die Gültigkeit des Messopfers und der Sakramente anzuerkennen, die mit der Intention das vollbringen, was die Kirche vollbringt und nach den Riten zelebriert werden, die in den von den Päpsten Paul VI. und Johannes XXIII promulgierten offiziellen Ausgaben des römischen Messbuches und den Ritualen für die Sakramente enthalten sind. Schließlich versprechen wir, die allgemeine Disziplin der Kirche und die kirchlichen Gesetze zu achten, insbesondere die Gesetze des von Papst Johannes Paul II. promulgierten kirchli-chen Gesetzbuches, ungeachtet der der Bruderschaft durch ein besonderes Gesetz einge-räumten Sonderdisziplin“[7]. Damals wurde Lefebvre auch zugesagt, er könne aus den eigenen Reihen einen Bischof erhalten. Er unterschrieb das Protokoll, widerrief es aber kurze Zeit darauf.und weihte am 30. Juni 1988 vier Priester ohne römische Genehmigung zu Bischöfen. Es ist bemerkenswert, dass er vier Jahre zuvor noch demonstrativ das Vertrauen bekundet hatte, Gott werde nach seinem Tod für Bischöfe sorgen, die die Seminaristen zu Priestern weihen könnten[8].

Schon im August des Jahres 2005 hatte Papst Benedikt Bischof Fellay (+ 1958) und Franz Schmidberger (* 1948) zu einem freundschaftlichen Meinungsaustausch, nachdem zuvor die Päpstliche Kommission „Ecclesia Dei“ immer wieder in unregelmäßigen Abständen Gesprä-che mit Vertretern der Pius-Bruderschaft geführt hatte, ohne jedoch zu konkreten Ergebnissen zu kommen. Ein weiterer Schritt des Entgegenkommens von Seiten des Papstes war die offizielle Anerkennung der alten Messe als „forma extraodinaria“ im Jahre 2007. Zwei Jahre später erfolgte dann die Aufhebung der Exkommunikation der vier illegal geweihten Bi-schöfe[9]. Leider fand der Papst nur wenig Unterstützung in seinen Bemühungen um die Pius-Bruderschaft, speziell im deutschen Episkopat. Was der eigentliche Grund dafür ist: Vielleicht fürchteten die deutschen Bischöfe eine Infragestellung ihres pragmatischen Ökumenismus durch die Wiedereingliederung der Pius-Bruderschaft und eine Verärgerung der Protestanten. Dem würde dann allerdings ein merkwürdiges Wahrheitsverständnis zugrunde liegen.

Die Piusbruderschaft hat nach dem Bruch mit der Kirche fünf weitere Priesterseminare ge-gründet. So in Flavigny-sur-Ozerain (Frankreich), Goulburn (Australien), Winona (Minneso-a) (USA), La Reja (Argentinien) und das Internationale Priesterseminar Herz Jesu in Zaitz-kofen, einem Ortsteil von Schierling in der Oberpfalz in Deutschland. Insgesamt unterhält die Pius-Bruderschaft 750 Messzentren, 161 Priorate - die Priorate entsprechen ungefähr unseren Gemeinden -, 90 Schulen und zwei so genannte Instituts Universitaires. Diese Einrichtungen befinden sich in 63 Staaten auf allen Kontinenten. Das Generalhaus der Bruderschaft, also ihre Leitung, befindet sich in Menzingen im Schweizer Kanton Zug. Der Generalobere ist seit 1994 der Schweizer Bernard Fellay, einer der vier von Erzbischof Lefebvre illegal geweihten Bischöfe.

Zur Pius-Bruderschaft gehören nach eigenen Angaben aus dem Jahre 2012 weltweit 569 Priester Die Zahl der Gläubigen, die sich zu ihr bekennen, beläuft sich nach Angaben von Kardinal Darío Castrillón Hoyos, dem damaligen Leiter der Päpstlichen Kommision „Ecclesia Dei“ aus dem Jahre 2007 auf etwa 600.000 Personen, davon 100.000 in Frankreich. Andere Quellen nennen 150.000 Anhänger. Unabhängige und regelmäßig überprüfte Erhebungen zu den Anhängerzahlen sind nicht bekannt[10]. Die Zahl derer, die im Einflussbereich der Bruder-schaft stehen. ist wahrscheinlich sehr viel größer noch, da nicht wenige die Gottesdienste der Bruderschaft häufiger besuchen, aber eben nicht immer, die also gewissermaßen pendeln. Und noch größer dürfte die Zahl der Sympathisanten sein.

In Deutschland betreibt die Bruderschaft etwa 50 als „Zentren“ bezeichnete Mess-Standorte, diese werden von den Prioraten betreut, bei denen sich jeweils eine Kirche oder ein Kapelle befindet. Die meisten Zentren der Bruderschaft befinden sich im süddeutschen Raum; für Ostdeutschland gibt es nur ein einziges Priorat in Berlin und ein Mess-Zentrum mit einer Kapelle in Dresden. Zudem betreibt die Bruderschaft in Deutschland ein Kloster, ein Schwe-sternnoviziat, ein Altenheim und fünf Privatschulen. Darunter das St.-Theresien-Gymnasium bei Bonn, das mit einem Mädcheninternat verbunden ist, und zwei Grundschulen in Baden-Württemberg. Im Jahr 1997 erhielt die Bruderschaft für vier Schulen 1,1 Millionen Euro staatliche Gelder. Für eine Grundschule mit insgesamt 18 Schülern und eine Realschule mit etwa 50 Schülern in Saarbrücken erhält die Bruderschaft jährlich Gelder in Höhe von 425.000 Euro von der Landesregierung des Saarlandes. Distriktoberer der deutschen Einrichtungen ist Pater Franz Schmidberger (* 1946), ein ehemaliger Mathematik-Lehrer aus Riedlingen in Württemberg-Hohenzollern, der noch zu Lebzeiten des Erzbischofs Lefebvre dessen Nach-folger als Generaloberer wurde. Er war Generaloberer von 1982 bis 1994, nachdem er einige Jahre zuvor Lefebvre als dessen Generalvikar gedient hatte. Im Jahre 1975 war Schmidberger zum Priester geweiht worden. Heute ist er Distriktoberer für Deutschland und lebt in Stuttgart.
Mit dem Sarto-Verlag betreibt der deutsche Distrikt der Priesterbruderschaft.eine Buchhand-lung und einen Verlag. Der Sitz des Sarto-Verlags ist in Bobingen bei Augsburg. Sarto ist der Familienname des Papstes Pius X.[11].
In Deutschland, Österreich und in der Schweiz werden den Lefebvre-Priestern durch die kat-holische Kirche öffentlich keine Kirchengebäude zur Verfügung gestellt, auch nicht in Aus-nahme-Fällen, es sei denn, ein Pfarrer setzt sich über die Weisungen seines Bischofs hinweg. Anders war die Regelung seit 2005 in Lisieux und Lourdes, jedenfalls in einzelnen katho-lischen Kirchen und in Einzelfällen[12].

Lefebvre war in wachsendem Maße von abgründiger Abneigung gegen das II. Vatikanische Konzil erfüllt. Dazu ist zu sagen: Das II. Vatikanische Konzil darf man nicht als ein Super-konzil qualifizieren. Mit ihm beginnt nicht erst die Kirche, wie manche glauben machen wollen. Das II. Vatikanische Konzil ist eines unter 21 Konzilien. Wir sprechen hier von öku-menischen oder allgemeinen Konzilien im Unterschied zu Partikularkonzilien. Ökumenisch heißt in diesem Zusammenhang „gesamtkirchlich“. Stets kann ein Konzil stets nur in der Kontinuität des Glaubens recht verstanden werden. Darauf bestand Papst Benedikt sehr, immer wieder hat er daran erinnert. Die Hermeneutik des Bruchs, wie sie von manchen The-ologen vertreten wird im Hinblick auf das II. Vatikanische Konzil, um nicht zu sagen von der Mehrheit der Theologen und leider auch von manchen Bischöfen, vor allem aber auch von den Lefebvre-Leuten, die der Wahrheit der Kontinuität der Lehre der Kirche entgegensteht, ist unkatholisch. Stets wurde die Kontinuität in der Kirche als das entscheidende Element in der Glaubensentfaltung oder in der Glaubenentwicklung angesehen.

Der Papst und die Konzilien besitzen die höchste Autorität in Glaubensdingen. Deshalb kann man die Lehrautorität des Papstes und der Konzilien als katholischer Christi nicht in Frage stellen. Zudem: Eine Reform der Kirche von draußen ist nicht nur unkatholisch, sondern im Grunde auch illusorisch. Es kommt hinzu: Was der überlieferte Glaube ist, das kann nicht der einzelne Gläubige definieren, auch nicht, wenn er ein Amtsträger ist. Beim Lehramt, speziell auch beim Lehramt des Papstes, liegt die Kompetenz der Kompetenz. An die Stelle der Objektivität des Lehramtes setzen Lefebvre und seine Gefolgsleute die Evidenz ihrer Ver-nunft, die aber in Wirklichkeit ihre subjektive Erkenntnis und Wertung ist. Die Objektivität des Katholischen besteht gerade darin, dass der Geist Gottes die Kirche vor Irrtum bewahrt. Was der Glaube der Kirche ist und wie er sich in seiner Kontinuität darstellt, das sagt dem gläubigen Katholiken das Lehramt der Kirche, das im Papsttum seine Kulmination erfährt. Die Kirche ist eine übernatürliche Realität. Und der Geist Gottes leitet sie durch die Amtsträger. Seit den Urtagen der Kirche gilt, dass sich das Charisma dem Amt unterordnen muss. Die Pius-Bruderschaft ist in ihrer Subjektivität näher bei den Reformatoren, als sie es wahr haben will.

Ein Weiteres ist hier zu bedenken: Ohne Loyalität und Gehorsam ist die Kirche nicht re-gierbar. Schon darum unterstellt sich der Katholik der kirchlichen Autorität, auch dann, wenn ihm die Ausübung dieser Autorität defizitär erscheint. Die Grenze des Gehorsams ist für den katholischen Christen erst dann gegeben, und das gilt auch für die Amtsträger, wenn sich die kirchliche Autorität im Einzelfall gegen die Autorität Gottes stellen würde.

Es ist absurd für einen Katholiken, sich gegen ein allgemeines Konzil zu stellen oder die Rechtmäßigkeit eines solchen Konzils zu leugnen. Die Konzilien sind die höchste Instanz der Kirche in Glaubens- und Sittenfragen, die Konzilien sind es einerseits und der Träger des Pe-trusamtes ist es andererseits. Und die Konstatierung der Rechtmäßigkeit eines Konzils durch den Papst fällt unter das Charisma der Unfehlbarkeit. Martin Luther (+ 1546) und die Refor-matoren haben seinerzeit ihr subjektives Urteil über die Lehre der Kirche gestellt. Luther sagte einst in der äußersten intellektuellen Bedrängnis in der berühmten Leipziger Disputation im Jahre 1519: Konzilien können irren, und zerstörte damit das letzte Fundament der Kirche, damit aber auch sein eigenes. Damals verteidigte Johannes Eck (+ 1543) vehement die Lehrautorität des Papstes und der Konzilien gegen ihn.

Man weiß nun nicht genau, ob die Pius-Bruderschaft die Meinung vertritt, das Zweite Vati-kanische Konzil habe falsche Lehren verkündet und es stelle einen Bruch dar hinsichtlich des Glaubens der Kirche, oder ob sie meint, das Konzil habe nicht deutlich genug die falschen Lehren beim Namen genannt und angeprangert oder sich in den Texten nicht deutlich genug ausgedrückt. Wahrscheinlich gehen die Meinungen dort auch in dieser Frage auseinander. Und es ist die Frage, wer hier das letzte Wort hat. Sicher ist, dass die Vertreter der Bruder-schaft nicht immer unterscheiden zwischen dem Konzil und der nachkonziliaren Entwicklung in der Kirche. Es stellt sich, speziell auch bei den Verhandlungen über eine Einigung, immer die Frage, wer für die Bruderschaft sprechen kann und wie man hier einen gemeinsamen Nenner finden kann. Sicher ist, dass hier viele Differenzen, wenn nicht gar alle, auf das Konto von Missverständnissen gehen. Das ist wohl auch die Meinung des Papstes Benedikt gewe-sen. Deshalb hoffte er darauf, dass eine Einigung gefunden werden könne, deshalb war er der Meinung, durch das wohlwollende Gespräch und durch geduldige Verhandlungen müsse eine solche zu finden sein.

Würde eine Einigung mit der Pius-Bruderschaft nicht zustande kommen, könnte das auaaf der einen Seite durch unüberwindliche Missverständnisse bedingt sein oder auf der anderen Seite durch verbohrte Rechthaberei. Papst Benedikt hat den Lefebvre-Leuten goldene Brücken gebaut. Dabei hat er immer wieder daran erinnert, dass nicht das Konzil das Problem ist, son-dern die nachkonziliare Entwicklung und dass Zweifel an dem Modus der Verkündigung des Glaubens nicht den Glauben als solchen in Frage stellen können..

Eines ist sicher: Die Lefebvre-Leute würden, wenn sie draußen blieben, vor den geistigen Auseinandersetzungen mit der Gegenwart und mit den gegenwärtigen Strömungen in der Kir-che fliehen. Das wäre, objektiv gesehen, ein schuldhaftes Versäumnis. Sie müssten sich klar machen, die Anhänger von Lefebvre, dass sie nur dann ihren Beitrag zu diesen Auseinander-setzungen leisten können, wenn sie zur Kirche zurückfinden. Mit der Behauptung, sie gehör-ten zur Kirche, damit ist es nicht getan. Das ist eine leere Behauptung. Es ist widersprüchlich, den Papst als den Nachfolger des heiligen Petrus und als den Stellvertreter Christi zu bezeichnen, und ihm gleichzeitig den Gehorsam aufzukündigen. Widersprüchlich ist es auch, wenn die Priester der Pius-Bruderschaft den Ungehorsam der Priester und der Bischöfe in der Kirche anprangern, selber aber in gravierender Weise ungehorsam sind. Noch nie hat es, wie gesagt, eine Reform in der Kirche gegeben von solchen, die sie verlassen haben.

Immer wieder rechtfertigen die Anhänger Lefebvres ihre Nichtanerkennung des II. Vatika-nischen Konzils mit der Behauptung, dieses sei nur ein Pastoralkonzil gewesen, es habe daher keine Relevanz für den Glauben. Demgegenüber ist festzuhalten, dass sich alle Konzilien mit den Glauben beschäftigen. Konzilien treten nicht zusammen, um disziplinäre Fragen zu lösen oder um praktische Fragen der Glaubensverkündigung zu erörtern, jedenfalls nicht primär, immer geht es den Konzilien in erster Linie um den Glauben der Kirche, dann allerdings auch um seine Aktualisierung. Wenn man das II. Vatikanische Konzil als Pastoralkonzil anspricht, kann das nur besagen, dass es in besonderer Weise die Vermittlung des Glaubens im Blick hatte und dass es keine Verurteilungen ausgesprochen hat, dass es irenisch war und positiv in seiner Grundhaltung. Allein, bei vielen Konzilien war es so, dass sie primär die Vermittlung des Glaubens im Blick hatten. Idealerweise sollte es bei allen Konzilien so sein. Denn der Glaube der Kirche ist seinem Wesen gemäß auf die Verkündigung ausgerichtet. Die Offen-barung wurde der Kirche von Gott anvertraut, damit sie sie der Menschheit mitteile. Die Kirche versteht sich seit eh und je als die Sachwalterin der göttlichen Offenbarung.

Die Annahme aller Konzilien ist selbstverständlich für einen Katholiken, erst recht für die Amtsträger der Kirche und für die Theologen, die eine wichtige Funktion innehaben, sofern sie den Glauben wissenschaftlich reflektieren und darüber Auskunft geben sollen, was zum Glauben der Kirche gehört und was nicht, welche Gewissheitsqualität diese oder jene Glau-benswahrheit hat und wie diese oder jene Glaubenswahrheit zu verstehen ist. Aber das Selbst-verständliche ist heute nicht mehr selbstverständlich. Im Zweifelsfall schaut der Katholik auf den Papst, in dem das Lehramt der Kirche, wie gesagt, seine höchste Aufgipfelung erfährt. Das verbietet dem Einzelnen allerdings nicht jede Kritik am Konzil, vorausgesetzt, dass er die nötigen Kenntnisse hat und dass er seine Kritik mit dem „sentire cum Ecclesia“, mit einer kindlichen Liebe zur Kirche, verbindet. Die Kirche ist unsere Mutter. Das haben viele heute vergessen. Aus der Kirche, die unsere Mutter ist, ist im Jargon „unsere Kirche“ geworden. De facto ist auch das ein Anzeichen für den Indifferentismus, der in die Kirche eingedrungen ist. Für die Heilige Schrift gibt es nur die Kirche Gottes oder die Kirche Christi, die selbstver-ständlich nur eine ist und schon deshalb nicht mit dem Possessivpronomen verbunden werden kann.

Papst Paul VI erklärt am 13. Januar 1966: „Die Lehraussagen des Zweiten Vaticanum bilden kein organisches und vollständiges System der katholischen Glaubenslehre, die bedeutend umfangreicher ist, wie alle wissen. Sie ist vom Konzil nicht in Zweifel gezogen und in ihrer Substanz nicht verändert worden. Vielmehr bestätigt das Konzil diese Glaubenslehre, erläutert sie, verteidigt und entfaltet sie … wir dürfen die Lehraussagen des Konzils nicht trennen von dem lehrmäßigen Erbe der Kirche, in das sie sich offensichtlich einfügen, mit dem sie zusam-menhängen, das sie bezeugen, das sie wachsen lassen, das sie erklären und anwenden. So er-scheint auch die ‚Neuheit’ der Lehraussagen oder der Normen des Konzils in ihren rechten Proportionen und gibt keinen Anlass zu Einwendungen gegen die Treue der Kirche zu ihrer Lehraufgabe, sondern erhält ihre wahre Bedeutung, die sie in höherem Licht erstrahlen lässt“[13].

Wie der neue Präfekt der Glaubenkongregation Erzbischof Müller sogleich am Beginn seiner Tätigkeit im Juli des vergangene Jahres in der Glaubenskongregation betonte, geht es in dem Dialog mit der Pius-Bruderschaft und überhaupt in der Glaubensverkündigung der Kirche um die Überwindung der Interpretationsschwierigkeiten des II. Vatikanischen Konzils. Die Entfaltung des Glaubens und seine Interpretation in der Kontinuität sind grundlegende Ele-mente der Kirche. Wer behauptet, authentische Lehren des II. Vatikanischen Konzils stünden im Widerspruch mit der Tradition der Kirche schwingt sich zu einem Super-Lehramt auf und mogelt ein subjektives und damit protestantisches Prinzip in das katholische Glaubensver-ständnis hinein. Ein Ökumenisches Konzil - das heißt: ein allgemeines Konzil, nicht ein Par-tikularkonzil - ist immer als Handeln des höchsten Lehramtes der Kirche zu verstehen. Wenn der Katholik ein allgemeines Konzil als solches und in seinem „testimonium fidei“ nicht in Frage stellen kann, heißt das nicht, dass er nicht Kritik üben kann an einem Konzil, auch an einem allgemeinen Konzil kann er unter Umständen Kritik üben, es muss sich dann allerdings um sachliche Kritik handeln. Nicht kann man dabei über die Texte und Aussagen, die den geoffenbarten Glauben betreffen, diskutieren[14].

Die Stellung der Pius-Bruderschaft zur neuen Messordnung von 1969 ist zwiespältig. Die einen sagen, die neue Messe sei gültig, die anderen sagen, sie sei es nicht. Auch bei Lefebvre gibt es da zwiespältige Positionen. Oftmals hat man in Kreisen der Pius-Bruderschaft die neue Form als „protestantisch“ disqualifiziert. Die Frage ist, ob man damit nur die Form oder mit der Form auch den Inhalt meint. Die offizielle Meinung der Pius-Bruderschaft geht auf die Gültigkeit der neuen Messe, aber man hält sie für eine Deformierung der, wie man sagt, tridentinischen Messe und besteht entschieden auf der alten Form als der besseren, die eigentlich niemals seit 1969 verboten gewesen ist, neuerdings aber ausdrücklich als „forma extraordinaria“ durch Benedikt XVI. im Jahre 2007 legalisiert worden ist.

Die Ökumene des Konzils hat man auf Seiten der Anhänger Lefebvres immer wieder in Frage gestellt und behauptet, sie gebe den Absolutheitsanspruch der katholischen Kirche auf. Dem ist jedoch nicht so. Das Ökumenismus-Dekret stellt fest: „Die ökumenische Betätigung muss ganz und echt katholisch sein, das heißt in Treue zur Wahrheit, die wir von den Aposteln und den Vätern empfangen haben, und in Übereinstimmung mit dem Glauben, den die katholische Kirche immer bekannt hat, zugleich aber im Streben nach jener Fülle, die nach dem Willen des Herrn sein Leib im Ablauf der Zeit gewinnen soll“[15]. Wiederholt wird im Ökumenismus-Dekret der Ernst der Wahrheitsfrage für die Ökumene hervorgehoben und festgestellt, dass gerade die Wahrheitsfrage der ökumenischen Bewegung ihren eigentlichen Impuls und ihren letzten Sinn verleihe[16]. Unmissverständlich betont das Dokument, dass sich die katholische Kirche nach wie vor als Kirche Christi im Vollsinn versteht.

Polemisiert haben die Lefebvre-Anhänger auch gegen die Religionsfreiheit, wie sie durch das Konzil herausgestellt worden ist. Man missversteht das Konzil, wenn man darin die Kodifi-zierung eines religiösen Indifferentismus erblickt. Papst Benedikt interpretiert die dies-bezügliche Position des Konzils authentisch, wenn er in seiner Weihnachtsansprache vor dem Kardinalskollegium und den Mitgliedern der römischen Kurie am 22. Dezember 2005 klar unterscheidet zwischen einer Religionsfreiheit, die „dem Relativismus den Rang eines Geset-zes verleiht“ und einer Religionsfreiheit „als Notwendigkeit für das menschliche Zusammen-leben oder auch als eine Folge der Tatsache, dass die Wahrheit nicht von außen aufgezwun-gen werden kann“[17]. In diesem Zusammenhang erklärt er: „Das Zweite Vatikanische Konzil hat mit dem Dekret über die Religionsfreiheit einen wesentlichen Grundsatz des modernen Staates anerkannt und übernommen und gleichzeitig ein tief verankertes Erbe der Kirche wieder aufgegriffen. Diese darf wissen, dass sie sich damit in völligem Einvernehmen mit der Lehre Jesu befindet“[18]. Festzuhalten ist hier: 1. Religionsfreiheit ist ein Grundsatz des Staates, den die Kirche anerkennt und übernimmt. 2. Religionsfreiheit ist ein Erbe der Kirche. 3. Reli-gionsfreiheit entspricht der Lehre Jesu[19]. Im Jahre 2011 überschrieb Papst Benedikt seine Botschaft zum Neujahrstag mit dem Titel „Religionsfreiheit, ein Weg für den Frieden“ und erklärt in ihr, die Religionsfreiheit sei „ein unabdingbares Element eines Rechtsstaates“. Man könne sie nicht verweigern, ohne alle Grundrechte und Grundfreiheiten zu verletzen[20].

Am 7. Dezember 1965 wurde die Erklärung „Dignitatis humanae“ - sie enthält die Lehre des Konzils über die Religionsfreiheit - mit 2308 Ja-Stimmen gegen 70 Nein-Stimmen angenom-men. Die freie Religionsausübung ist demnach Grundrecht einer jeden menschlichen Person, „vorausgesetzt, dass die gerechte öffentliche Ordnung gewahrt bleibt“. In der Präambel der besagten Erklärung wird der Einklang mit der Lehrtradition der Kirche betont und versichert, dass „die überlieferte katholische Lehre von der moralischen Pflicht des Menschen und der Gesellschaften gegenüber der wahren Religion und der einzigen Kirche Christi durch die Erklärung „unangetastet“ bleibe und „weitergeführt“ werde. Das ist notwendig weil die Kon-tinuität der Lehre oberstes Gebot ist und die Erklärung in einigen Punkten oder Sätzen dieser Tradition zu widersprechen schien. Unmissverständlich spricht „Dignitatis humanae“ von der „einzigen Kirche Christi als dem Ort der vollen Wahrheit über Gott und den Menschen“ und wendet sich damit dezidiert gegen jede Form eines Relativismus.

Der Artikel 4 unseres Grundgesetzes schützt in seinem ersten Absatz die Freiheit des Glau-bens, des Gewissens und des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses. Diese Freihei-ten sind unverletzlich. Dieses „unverletzlich“ erreicht beinahe die unantastbare Menschen-würde. Für manche ist die Religionsfreiheit die Mutter aller Grundrechte, der eigentliche Grund ihrer Existenz. Heute erscheint sie indessen allgemein als Grundrecht unter vielen.

Anstoß nimmt man in den Kreisen um die Pius-Bruderschaft auch an der Erklärung des Kon-zils über die nichtchristlichen Religionen, wenn es da etwa heißt: „Die katholische Kirche lehnt nichts von all dem ab, was in diesen Religionen wahr und heilig ist. Mit aufrichtigem Ernst betrachtet sie jene Handlungs- und Lebensweisen, jene Vorschriften und Lehren, die zwar in Manchem von dem abweichen, was sie selber für wahr hält und lehrt, doch nicht selten einen Strahl jener Wahrheit erkennen lassen, die alle Menschen erleuchtet. Unablässig aber verkündet sie und muss sie verkündigen Christus, der ist ‚der Weg, die Wahrheit und das Leben’ (Joh 14, 6), in dem die Menschen die Fülle des religiösen Lebens finden, in dem Gott alles mit sich versöhnt hat“. Alles, was sich darin als „vera und sancta“ findet, ist hingeordnet und bezogen auf Christus. Diese Maxime gilt bereits seit der Väterzeit. Die Kirchenväter sprechen von den Wahrheitskeimen in den Religionen. Durch sie sind die Religionen hinge-ordnet und bezogen auf Christus. In ihm und im Christentum erhalten sie ihr Ziel und ihre Erfüllung. Darum muss die Mission erfolgen[21]. Wie das Konzil lehrt, sind die Religionen kei-ne Heilswege, wohl aber gibt es in ihnen Wege des Heiles, weil Gott alle Menschen zum Heil führen will, weil er auch jenen eine Chance geben will, die nicht mit dem Christentum kon-frontiert worden sind. Das Konzil hat den Missionswillen nicht gemindert oder gar die Mission für überflüssig erklärt. Wohl aber hat das die nachkonziliare Entwicklung getan, jedenfalls weithin.

In der Pius-Bruderschaft gibt es nicht wenige Widersprüche. Nur an zwei solcher Widerspru-che sei hier erinnert: Die Exkommunikation der vier 1988 illegal geweihten Bischöfe wurde von Anfang als nicht gültig behauptet in der Bruderschaft, dennoch hat man gern ihre Aufhebung durch Papst Benedikt XVI. im Jahre 2009 entgegengenommen. Sodann prangert man in der Bruderschaft den Ungehorsam in der Kirche, der auch angeblich die Bischöfe be-trifft, an - davon war schon die Rede -, verweigert dem Lehramt der Kirche und dem päpstli-chen Lehramt aber selber den Gehorsam in gravierender Weise und beruft sich dabei auf das Gewissen.

Zwei Probleme stehen, wie wir gesehen haben, der Einigung der Kirche mit der Pius-Bruder-schaft entgegen, das eine ist ein intellektuelles, das andere ist ein moralisches. Das intellek-tuelle besteht in zahlreichen Missverständnissen. Sie betreffen, wie wir gesehen haben, die Ökumene der Konfessionen und der Religionen, die Religionsfreiheit und die Liturgie und die Autorität des Konzils, das moralische Problem ist die Rechthaberei, die durch den Stolz bedingt ist, ein allgemein menschliches Problem.

Eines steht fest: Die Lefebvre-Leute können der Kirche nur dann dienen, wenn sie sich wieder eingliedern in die Kirche. Papst Franziskus wurde laut Internet gefragt, wie er es halten werde mit den Verhandlungen mit der Pius-Bruderschaft. Darauf antwortete er: Wir brauchen diese Leute. Papst Benedikt hat immer wieder betont, dass die entscheidende Aufgabe des Papstes darin bestehe, dass er sich um die Einheit der Kirche bemühe.

Das Modell für den Status der Pius-Bruderschaft in der Kirche wäre für den Fall einer Eini-gung die Personalprälatur, wie sie bereits in der Gemeinschaft des Opus Dei gegeben ist. Eine Personalprälatur unterscheidet sich von einem Orden durch größere Selbständigkeit. An der Spitze einer Personalprälatur steht jeweils ein Bischof. Bei einer Einigung könnten der Bru-derschaft und ihren Gefolgsleuten gegebenenfalls darüber hinaus noch zusätzlich Sonder-rechte eingeräumt werden.
Dieser Tage las ich im Internet, dass der US-amerikanische Lefebvre-Priester Father John Zuhlsdorf am 14. März auf seinem Blog folgenden Aufruf veröffentlicht hat: Meine Herren, ich wiederhole es jetzt am ersten ganzen Tag des Pontifikats von Franzikus. „Die gesamte Priesterbruderschaft St. Pius X. soll sich auf dem Petersplatz versammeln und kniend zum Apostolischen Palast vorrücken und den neuen Papst bitten, ihnen zu erlauben seinen Fuß, sein Knie und seine Hand zu küssen und ihm Gehorsam zu versprechen. Da das Pontifikat ganz neu ist, was für eine große Geste wäre das! Und sie würde jenen eine enorme Portion Glaubwürdigkeit verschaffen, die die Kontinuität mit der Tradition bewahren wollen.Die selbsternannten Anführer der Tradition sollte die Straße, sollten den Weg bahnen. Geht allen anderen voran. Lasst die FSSPX Franziskus dabei helfen, der Papst der Einheit der Christen zu sein[22].
Vielleicht hätte der Generaloberer der Pius-Bruderschaft, Bischof Fellay, die Hand, die Papst Benedikt ihm entgegengestreckt hat, schon ergriffen, wenn er nicht ein Auseinanderbrechen der Priester-Bruderschaft gefürchtet hätte. Die innere Uneinigkeit der Bruderschaft ist kaum zu bestreiten, sie ist eine Wirklichkeit, deren Ausmaß nur schwer abzuwägen ist.
Sie gibt es auch in der Kirche, die innere Uneinigkeit, aber prinzipiell wird sie vereitelt durch das Petrusamt, das Amt der Einheit. In der Kirche der Gegenwart ist sie zum einen ein Zer-fallsprodukt, und zum anderen führt sie immer tiefer in der Zerfall hinein. Christus betet für die Einheit seiner Jünger im so genannten Hohenpriesterlichen Gebet.(Joh 17). Er betet, „dass alle eins sind, wie du Vater in mir und ich in dir bin, damit die Welt glaube, dass du mich gesandt hast“ (17, 21).

Wenn die Lefebvre-Leute der Kirche wirklich dienen wollen, so können sie das nur dann, wenn sie sich wieder in die Kirche eingliedern oder sich wieder in sie eingliedern lassen. Wenn sie das nicht tun, werden sie in immer neuen Gruppen auseinanderfallen. Darauf weist schon der Kirchenvater Augustinus (+ 430) hin, das bestätigen die unzählbaren christlichen Gruppierungen, die aus der Reformation hervorgegangen sind und noch weiter hervorgehen: Jene, die die Kirche verlassen, weil sie besser den Willen Christi und Gottes verwirklichen wollen als die Mutterkirche, werden in immer neue Gruppierungen zerfallen und schließlich daran zerbrechen."

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[1] Internet: Pius-Bruderschaft: Wikipedia.
[2] Vgl. Hermann Schäufele, In Treue zum Nachfolger Petri stehen, in: Deutsche Tagespost vom 10. Februar 1976
[3] Internet: Pius-Bruderschaft: Wikipedia.
[4] Joseph Schumacher, Stellungnahme zur Aufhebung der Exkommunikation der vier Lefebvre-Bischöfe durch Papst Benedikt XVI., in: theologie-heute.de
[5] Ebd..
[6] Vgl. Internet: Katholisches. Magazin für Kirche und Kultur.
[7] Zit. nach Stuttgarter Rundbrief der Petrus-Bruderschaft, März 2013.
[8] Ebd.
[9] Internet: Pius-Bruderschaft: Wikipedia.
[10] Vgl. Internet.
[11] Ebd.
[12] Internet: Pius-Bruderschaft: Wikipedia.
[13] L’ Osservatore Romano vom 13. Januar 1966, 51: Ansprache Papst Paul VI. vom 12. Januar 1966.
[14] Vgl. Kath.net vom 3. Juli 2012.
[15] Ökumenismus- Dekret „Unitatis redintegratio“, Art. 24.
[16] Joseph Schumacher , Der Stand der ökumenischen bemühungen …, 169.
[17] Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls, Hrsg. vom Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, Nr. 172, Bonn 2006, S. 17
[18] Ebd.
[19] Harm Klueting, „Tu es Petrus, et super hanc petram aedificabo ecclesiam meam …“. Das Pontifikat Benedikts XVI, in: Theologisches. Katholische Monatschrift, Jg 43, Nr. 03/04 (März/April) 2013, 110.
[20] Ebd., 111,
[21] Nostra aetate, Art. 2.
[22] Katholisches. Magazin für Kirche und Kultur.
Jakob Steinbauer
@Sarto2011
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"Ohne Loyalität und Gehorsam ist die Kirche nicht re-gierbar. Schon darum unterstellt sich der Katholik der kirchlichen Autorität, auch dann, wenn ihm die Ausübung dieser Autoritätin defizitär erscheint.
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Das halte ich für fraglich . wäre es doch ein bedingungsloser gehorsam gegenüber den den verwaltern der wahrheit . im zweifelsfall müsste man sich demnach auch gegen die wahrheit …Mehr
@Sarto2011
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"Ohne Loyalität und Gehorsam ist die Kirche nicht re-gierbar. Schon darum unterstellt sich der Katholik der kirchlichen Autorität, auch dann, wenn ihm die Ausübung dieser Autoritätin defizitär erscheint.
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Das halte ich für fraglich . wäre es doch ein bedingungsloser gehorsam gegenüber den den verwaltern der wahrheit . im zweifelsfall müsste man sich demnach auch gegen die wahrheit entscheiden . hätte paulus dem petrus nicht widerstehe dürfen ? widerspräche es zudem der kirchlichen überlieferung , in der frage ,ob man kirchlichen obrichkeiten widerstehen darf , wenn sie etwas verlangen , was gegen den überlieferten glauben spricht ?
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Das sei dahingestellt...

Fakt ist, dass die (aktuelle) kirchliche Autorität sich gegen göttliches Recht ("göttliche Autorität" wie es so schön vom Verteidiger der Konzilsmafia heißt) stellt. Z.B. im Bezug auf die Herrschaftsansprüche Gottes über die Gesellschaft (Christkönigstum). Das genügt um die ganze Bande auffliegen zu lassen. Da brauch man deine Frage gar nicht lösen.
Boni
Bibiana, die moralische Verpflichtung schränkt die Freiheit, sich dieser Pflicht zu entziehen, nicht ein. Wo ist also Ihr Punkt gegen die richtige Aussage Sartos?
Bibiana
@Sarto2011.... nach katholischer Lehre ist jeder Mensch moralisch verpflichtet, katholisch zu sein.
Ein Irrtum. Nur freiwillig soll man sich zum "katholisch Sein" verpflichten,
nur aus freien Stücken ein Christ sein oder werden.Mehr
@Sarto2011.... nach katholischer Lehre ist jeder Mensch moralisch verpflichtet, katholisch zu sein.

Ein Irrtum. Nur freiwillig soll man sich zum "katholisch Sein" verpflichten,
nur aus freien Stücken ein Christ sein oder werden.
Sarto2011
@Nujaa
Nach katholischer Lehre ist jeder Mensch moralisch verpflichtet katholisch zu sein . Was für den Einzelnen gilt muss demnach auch für den Staat gelten , das ist ebenfalls katholische Lehre . Die Frage ist also nicht , ob jeder (Mensch) Staat den wahren Glauben bekennen muss , sondern ob der (katholische) Staat die öffentlich praktizierte Lüge (Irrtum)verbieten darf . und, ob der Mensch …Mehr
@Nujaa

Nach katholischer Lehre ist jeder Mensch moralisch verpflichtet katholisch zu sein . Was für den Einzelnen gilt muss demnach auch für den Staat gelten , das ist ebenfalls katholische Lehre . Die Frage ist also nicht , ob jeder (Mensch) Staat den wahren Glauben bekennen muss , sondern ob der (katholische) Staat die öffentlich praktizierte Lüge (Irrtum)verbieten darf . und, ob der Mensch aufgrund seiner Würde ein Naturrecht hat Irrtümer zu verbreiten (Lügen) .
Sarto2011
@CollarUri
Aber wo steht geschrieben, dass ein Staat keine Staatsreligion haben darf ?Mehr
@CollarUri

Aber wo steht geschrieben, dass ein Staat keine Staatsreligion haben darf ?
2 weitere Kommentare von Sarto2011
Sarto2011
@Jakob Steinbauer
"Ohne Loyalität und Gehorsam ist die Kirche nicht re-gierbar. Schon darum unterstellt sich der Katholik der kirchlichen Autorität, auch dann, wenn ihm die Ausübung dieser Autoritätin defizitär erscheint."
Das halte ich für fraglich . wäre es doch ein bedingungsloser gehorsam gegenüber den den verwaltern der wahrheit . im zweifelsfall müsste man sich demnach auch gegen die wahrheit …Mehr
@Jakob Steinbauer
"Ohne Loyalität und Gehorsam ist die Kirche nicht re-gierbar. Schon darum unterstellt sich der Katholik der kirchlichen Autorität, auch dann, wenn ihm die Ausübung dieser Autoritätin defizitär erscheint."

Das halte ich für fraglich . wäre es doch ein bedingungsloser gehorsam gegenüber den den verwaltern der wahrheit . im zweifelsfall müsste man sich demnach auch gegen die wahrheit entscheiden . hätte paulus dem petrus nicht widerstehe dürfen ? widerspräche es zudem der kirchlichen überlieferung , in der frage ,ob man kirchlichen obrichkeiten widerstehen darf , wenn sie etwas verlangen , was gegen den überlieferten glauben spricht ?
Sarto2011
@CollarUri
soweit ich die "religionsfreiheit" verstehe, müssen die staaten nicht neutral sein gegenüber der wahrheit . sie dürfen nur den öffentlich praktizierten irrtum nicht behinden (öffentliche schriften verbieten usw.)
was aber auch ein bruch ist .
was sagst du zu meinem verstehen CollarUi ?Mehr
@CollarUri

soweit ich die "religionsfreiheit" verstehe, müssen die staaten nicht neutral sein gegenüber der wahrheit . sie dürfen nur den öffentlich praktizierten irrtum nicht behinden (öffentliche schriften verbieten usw.)

was aber auch ein bruch ist .

was sagst du zu meinem verstehen CollarUi ?
Jakob Steinbauer
"Ein Weiteres ist hier zu bedenken: Ohne Loyalität und Gehorsam ist die Kirche nicht re-gierbar. Schon darum unterstellt sich der Katholik der kirchlichen Autorität, auch dann, wenn ihm die Ausübung dieser Autorität defizitär erscheint. Die Grenze des Gehorsams ist für den katholischen Christen erst dann gegeben, und das gilt auch für die Amtsträger, wenn sich die kirchliche Autorität im Einzelfall …Mehr
"Ein Weiteres ist hier zu bedenken: Ohne Loyalität und Gehorsam ist die Kirche nicht re-gierbar. Schon darum unterstellt sich der Katholik der kirchlichen Autorität, auch dann, wenn ihm die Ausübung dieser Autorität defizitär erscheint. Die Grenze des Gehorsams ist für den katholischen Christen erst dann gegeben, und das gilt auch für die Amtsträger, wenn sich die kirchliche Autorität im Einzelfall gegen die Autorität Gottes stellen würde."

Das tut Sie, indem Sie wider die Normen der heiligen Kirche handelt. Z.B. bei der Verwerfung der Vorbereitungsschemata auf dem Konzil. Ein "prozedurales Brigantentum". 🙏

"Neueste Konzilsliteratur
Für jene, die dieser Piste genauer nachgehen wollen, empfehle ich neben meinem Buch „Das Zweite Vatikanische Konzil. Eine bislang ungeschriebene Geschichte“ (Sarto, Bonn 2011) die Lektüre einiger jüngst erschienener Bücher, die wertvolle, bedenkenswerte Hinweise liefern: „Il Concilio parallelo. L’inizio anomalo del Vaticano II” (Das Parallel-Konzil. Der anomale Beginn des Zweiten Vatikanums; Fede e Cultura, Verona 2014, 125 Seiten) und eine umfassendere Studie: Unam Sanctam. Studio sulle deviazioni dottrinali nella Chiesa cattolica del XXI secolo (Studie zu den doktrinellen Abweichungen in der Katholischen Kirche des 21. Jahrhunderts; Solfanelli, Chieti, 2014, 438 Seiten). Paolo Pasqualucci wirft ausdrücklich die Frage nach dem Verrat auf, der in den ersten Tagen nach der Eröffnung des Konzils stattfand. Der Autor ist ein hervorragender Ordinarius für Rechtsphilosophie, der an verschiedenen italienischen Universitäten lehrte. Als Jurist beschäftigt er sich vor allem mit den zahlreichen Rechtswidrigkeiten, die das Konzil von seinem natürlichen Kurs abbrachten, die Vorbereitungsarbeit untergehen ließen und den Weg für die Verfechter der „Nouvelle Théologie“ freimachten. „Selten wurde ein ökumenisches Konzil mit größerer Sorgfalt, Gewissenhaftigkeit und Respekt vor den Rechten und den Meinungen aller vorbereitet. Es wurde der Praxis des Ersten Vatikanums gefolgt und diese noch verbessert“ (S. 13). Die Zurückweisung der Schemata war ein wirkliches „prozedurales Brigantentum“, das Pasqualucci an folgenden Punkten festmacht: Sabotage der Wahl der sechzehn vom Konzil zu bestimmenden Mitglieder; Umkehr der Tagesordnung und Vertagung der Wahl der Kommissionsmitglieder; und nicht zuletzt das Versandenlassen der Diskussion in der Aula über das Schema über die Quellen der Offenbarung mit der folgenden Bildung einer gemischten Kommission zu deren Neuformulierung, die von Kardinal Bea beherrscht wurde. Die Schemata wurden von Kopf bis Fuß in einem völlig anderen Geist und Zuschnitt neu neuformuliert."
www.katholisches.info/…/roberto-de-matt…
Landpfarrer
Werde den recht langen Artikel bei Gelegenheit einmal genauer lesen.
Der gegen Schluss erwähnte US-amerikanische Priester Father John Zulsdorf, der im internet recht bekannt ist, ist sicherlich kein "Lefebreve-Priester" wie hier behauptet wird, sondern Diözesanpriester und für beide Formen des Römischen ritus offen.