Predigt von Pfarrer Maximilian Pühringer zum Hochfest Maria Verkündigung

Predigt Mariä Verkündigung, 8.4.2024
Perikopen: Jes 7,10-14 Lk 1,26-38
Liebe Brüder und Schwestern im gemeinsamen Glauben!
Das Eigenschaftswort groß lässt sich über das heutige Fest schreiben, groß in vierfacher Weise. Erstens: Die große Stunde. Wir dürfen wohl mit Recht sagen, die Stunde der Verkündigung war eigentlich die größte Stunde der Heilsgeschichte, ja der ganzen Weltgeschichte. Worauf seit Jahrtausenden die Menschheit und das Volk Israel ahnend – wissend um die Messianischen Weissagungen, vor allem bei Jesaia – gewartet hatte, das erfüllte sich in dieser Stunde der Verkündigung: Gott neigte sich zur Erde hernieder und berührte sie im Geheimnis der Fleischwerdung des Ewigen Wortes: „Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt.“ In dieser großen Stunde, in dieser Sternstunde wurde die Brücke geschlagen über den Abgrund, den die Sünde, die Trennung zwischen Gott und den Menschen, einst aufgerissen hatte. Der Ort, wo diese Brücke hier herunten auf der Erde aufsetzen konnte, war Nazareth oder – sagen wir es genauer – war Maria selber. Jetzt war wieder Vereinigung zwischen Gott und Mensch, zwischen Himmel und Erde. Jetzt geschah die tiefste Vereinigung zwischen Gott und Mensch: Summus Pontifex: höchster Brückenbauer und Brücke zugleich war der menschgewordene Sohn Gottes. Über Ihn, diese Brücke kommen nun alle Gnaden und alles Heil, aller Segen und alles Gute von oben zu uns. Über Ihn gehen nun aber auch wieder alle unsere Gebete, unsere Opfer, unsere guten Taten mit Ewigkeitswert hinauf zum Vater. Und Maria, die Jungfrau, war dazwischen geschaltet in diesem großen Geschehen in dieser wahrhaft großen Stunde. Zweitens: Die große Kunde der Verkündigung: Sie kann zusammengefasst werden im griechischen Wort „Evangelion“: frohe Botschaft, gute Kunde, nämlich Kunde der Engelsbotschaft von der Befreiung und Erlösung der Menschheit aus der Gefangenschaft des Bösen, Befreiung und Erlösung aus Nacht und Not und Elend. Es ist letztlich die Kunde und Botschaft vom Heil: „ denn Er wird sein Volk erlösen von all seinen Sünden“; wahrlich, eine wahrhaft große Kunde, die der Engel Gabriel Maria, der Vertreterin der ganzen Menschheit überbracht hat! Wir könnten hier skeptisch fragen, ob denn diese Kunde in ihrer Größe von den Menschen noch zur Kenntnis genommen wird. Ist sie uns allen noch die wahrhaft große Kunde? Macht sie uns noch froh? Verstehen wir diese frohe Kunde, dieses Evangelium noch in seiner Bedeutung? Wir stehen zum Evangelium in der Messfeier auf, tun wir es nicht nur äußerlich, sondern als Ausdruck unseres Einstehens für diese große Kunde und beugen wir gläubig anbetend unser Knie, wenn wir diese große Kunde vernehmen: "Et Verbum caro factum est“ – „Et incarnatus est de Spiritu Sancto ex Maria Virgine“. Drittens: Die große Frage bei der Verkündigung: Der Engel Gabriel richtete an Maria im Auftrag Gottes die Frage, die Anfrage, ob sie bereit sei, die Mutter des Sohnes Gottes zu werden. Es war wirklich eine Frage, eine Anfrage, denn Gott wollte hier die freie Antwort Mariens abwarten, er wollte ihren freien Konsens zu seiner Vermählung mit der Menschheit, denn es gilt hier wirklich, was Christus einmal in einem seiner Gleichnisse gesagt hat: „Das Himmelreich gleicht einem König, der für seinen Sohn Hochzeit halten wollte“. Jetzt fragte der König, der himmlische Vater bei Maria an, ob sie zu dieser Vermählung ihr Jawort geben wolle: Von ihrer freien Entscheidung hing alles ab. Der heilige Bernhard von Clairvaux hat zu Recht gemeint: Die ganze Schöpfung habe damals ihren Atem angehalten, so groß war die Frage, so groß und bedeutsam die Anfrage, wenn wir sie im Lichte der gesamten Heilsgeschichte betrachten. Viertens: Die große Antwort: Zuerst kam noch aus dem Munde Mariens eine Gegenfrage: „Wie soll dies geschehen, da ich keinen Mann für die geschlechtliche Ganzhingabe erkenne?“ Als sie darüber aus Engelsmund aufgeklärt worden war, dass der Heilige Geist selber wirken solle und bei Gott nichts unmöglich sei, kam nun schlicht und einfach und doch ergreifend groß die Antwort: „Ja, ich bin bereit! Siehe, ich bin die Magd des Herrn: Mir geschehe, wie du gesagt hast.“ Es war das Ja Mariens auf die Anfrage Gottes zur Vermählung des Sohnes Gottes mit der Menschheit. Das Ja Mariens wurde nicht nur privat gesprochen, sondern im Namen der ganzen Menschheit. Sie war in diesem Augenblick Stellvertreterin der ganzen Menschheit. Wie Eva, die Mutter aller damals das große, folgenschwere Nein zum Willen Gottes gesprochen hat, so Maria, die zweite Eva, umgekehrt: sie sprach das große Ja und entschied damit das Schicksal der Menschheit und der Welt; das Heil begann, der Weg für Gott war frei. Das verdanken wir Maria.
Liebe Brüder und Schwestern!
Groß waren die Stunde und die Kunde, die uns einlädt zum Glauben an das Geheimnis der Menschwerdung Gottes mit der unsere Erlösung begann. Groß waren die Frage Gottes und die Antwort Mariens. Heute stellt Gott uns die Frage, ob wir mit ihm beisammen sein wollen, und wir dürfen unsere Antwort geben durch das Zeugnis unseres Lebens. Amen.