Labre
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ICH GLAUBE Predigtreihe über den Glauben 2. Predigt von Kaplan A. Betschart

Glauben - was heisst das?

"Der Glaube gleicht einer Blume, die wir Gott schenken"

In der Predigtreihe über den Glauben haben wir letztes Mal den Hilferuf der Jünger im wellenumtobten Schiffe gehört:

“Herr, rette uns! Wir gehen zugrunde” (Mt 8, 25).

Erprobung des Glaubens

Ein Leben lang sind wir in einer ganz ähnlichen Situation, was den Glauben betrifft. Stürme, Dunkelheit und Anfechtung gehören zum Wagnis des Glaubens, das heisst zu seiner Erprobung. Im Schmelztiegel Gottes wird unser Glaube ein Leben lang geläutert, bis er schliesslich wie lauteres, blankes Gold, gereinigt von allen Schlacken, von Gott angenommen wird.
Letzten Endes aber ist solcher Glaube ein Geschenk und nicht die Frucht eigenen Bemühens. Wie der hl. Apostel Paulus sagt:

“Durch Gnade seid ihr zum Heil gekommen aufgrund des Glaubens; und das nicht durch euer Verdienst, nein, es ist Gottes Geschenk” (Eph 2,8).

Um es aber noch einmal deutlich zu sagen: wie der Glaube des Apostels Petrus und der anderen Apostel sich in der Erprobung bewähren musste, so wird auch unser Glaube geprüft. Der KATECHISMUS DER KATHOLISCHEN KIRCHE sagt uns dazu:

“Jetzt aber gehen wir als Glaubende ... unseren Weg, nicht als Schauende und erkennen Gott wie in einem Spiegel, rätselhaft und unvollkommen. Der Glaube wird von Gott, auf den er sich richtet, erhellt; dennoch wird er oft im Dunkel gelebt. Der Glaube kann auf eine harte Probe gestellt werden. Die Welt, in der wir leben, scheint von dem, was der Glaube uns versichert, oft sehr weit entfernt. Die Erfahrungen des Bösen und des Leidens, der Ungerechtigkeiten und des Todes scheinen der Frohbotschaft zu widersprechen. Sie können den Glauben erschüttern und für ihn zur Versuchung werden” (Nr. 164).
"Dann müssen wir uns den Glaubenszeugen zuwenden: Abraham, der gegen alle Hoffnung voll Hoffnung glaubte, der Jungfrau Maria, die auf dem Pilgerweg des Glaubens sogar in die Nacht des Glaubens hineinging, indem sie am Leiden ihres Sohnes und der Nacht seines Grabes Anteil nahm; und vielen weiteren Zeugen des Glaubens: Da uns eine solche Wolke von Zeugen umgibt, wollen auch wir alle Last und die Fesseln der Sünde abwerfen. Lasst uns mit Ausdauer in dem Wettkampf laufen, der uns aufgetragen ist, und dabei auf Jesus blicken, den Urheber und Vollender des Glaubens”(Nr. 165).


Das alles gehört zum Glauben und zur Erfahrung des Glaubens: Kampf und Erprobung, mutiges Bekenntnis, Wagnis im Vertrauen auf Gottes Wahrheit trotz Dunkelheit und Anfechtung, aber auch das Wissen um die grosse Gnade, glauben zu dürfen. Der wahre Glaube ist das grösste Geschenk, das Gott uns in diesem Leben geben kann.

Vernachlässigung des Glaubens

Ein weiterer Aspekt des Glaubens ist das Fürwahr halten der göttlichen Offenbarungswahrheiten wegen der Autorität des Sich offenbarenden Gottes. Diese Offenbarungswahrheiten kann man aber nur annehmen, wenn man sie kennt. Wieviel wird heute an der Jugend gesündigt im Religionsunterricht durch Katechismen, die beide ihren Namen nicht mehr verdienen. Es ist oft nicht viel mehr als Anleitung zu Diskussionen über allgemein menschlichen Anstand und bürgerliche Lebenskunde, was jedoch mit katholischer Glaubenslehre soviel zu tun hat wie ein Maulwurfshügel mit dem Matterhorn. Der im Jahre 2005 verstorbene Otto Roegele, ehemals Professor für Journalistik in München, schrieb zu diesem Thema unter anderem, dass in mittleren und oberen Klassen “die schlichte Unterweisung, die einigermassen systematische Vermittlung von Wissen über die Gegenstände des Glaubens, über Sittenlehre und Kirchengeschichte praktisch aufgehört” hat. “Sie ist dem Versuch gewichen, in ... Diskussionen ... diese oder jene Einzelheit an den Schüler heranzubringen. Was dabei herauskommt, ist keine intellektuelle Aneignung dessen, was zum unerlässlichen Wissensbestand einer Hochreligion gehört ... “ Nach Professor Roegele ist “das Ergebnis” solchen Religionsunterrichtes “ganz unzureichend, ja verwirrend und destruktiv”.
Auch in der religiösen Weiterbildung für Erwachsene sieht es in den Pfarreien und in den Massenmedien nicht besser aus, wobei von glaubensverfälschenden Irrlehren nicht einmal die Rede sein soll. Vielfach ist sie Anleitung für Freizeitbeschäftigung geworden. Diesen Feststellungen werden manche von Ihnen aus eigener Erfahrung zustimmen können. Doch wäre es nicht richtig, nur Kritik nach links zu üben bezüglich Glaubensvernachlässigung und Glaubensabfall. Es muss auch Kritik geübt werden an der Glaubensvernachlässigung von rechts. Wieviel krasse Unwissenheit über die elementarsten Glaubenswahrheiten kann man auch auf der sogenannten rechten Seite finden, und zwar bei Erwachsenen. Sicher, letztlich ist vor dem Herrgott nicht das Wissen entscheidend, sondern das Leben aus dem Glauben. Aber der hl. Paulus sagt, dass der Glaube vom Hören komme (Röm 10,17). Um die Aneignung der Glaubenswahrheiten muss man sich anstrengen. Wer aber die meiste Zeit mit mehr als fragwürdigen, in keiner Weise kirchlich gesicherten Privatoffenbarungen sich beschäftigt, der hat nicht das Recht, der anderen Seite einen Vorwurf zu machen. Denn dies ist ebenfalls Vernachlässigung des Schatzes des geoffenbarten Glaubensgutes in ebenso unverantwortlicher Weise. Beide Seiten müssen einmal vor dem Richterstuhle Gottes Rechenschaft ablegen über die Verschleuderung und Vernachlässigung höchster Werte.
Weder der Progressismus noch die Sucht nach Wundern und Botschaften sind das Heil aus der religiösen Krise, sondern nur die demütige Annahme des “Depositum fidei”, das heisst des gesicherten und irrtumsfreien Glaubensgutes, das weder für Progressisten noch für sensationshungrige Wunderchristen heute anziehend zu sein scheint. Und doch ist es das kostbarste Gut, das uns anvertraut ist.

Der unverfälschte katholische Glaube ist es, der uns zum ewigen Leben führt.

Vielleicht ist er deshalb für so viele unattraktiv, weil er mühsam errungen werden muss, Tag für Tag, ohne Sensation, ein ganzes Leben lang, nüchtern und in aller Schlichtheit. Aber er ist wie das Brot: alltäglich und trocken, aber wirkliche Nahrung für die Seele. Wer dieses Brot zu kosten lernt, wird spüren, dass es schmeckt.
Diese Gedanken wollen wir zusammenfassen mit einem altehrwürdigen Gebet um die Bewahrung des rechten Glaubens, das der hl. Hilarius, Bischof von Poitiers, im 4. Jahrhundert zur Zeit des Arianismus, einer Zeit des grossen Glaubensabfalles, gebetet hat. Es lautet:

“Bewahre, o Gott, ich bitte, unversehrt die Ehrfurcht meines Glaubens! Und bis zum Scheiden meines Geistes gib mir diese Bekundung meines Wissens, dass ich immer festhalte, was ich in der Glaubensregel bei meiner Wiedergeburt feierlich bekannte, als ich getauft wurde im Vater und Sohn und Heiligen Geist: Dich, unsern Vater, und Deinen Sohn zugleich mit Dir anzubeten; des Heiligen Geistes würdig zu werden, der aus Dir durch Deinen Eingeborenen hervorgeht. Denn meines Glaubens ist mir vollgültiger Zeuge, der da sagt: 'Vater, alles Meinige ist Dein, und alles Deinige ist Mein' (Joh 17,10), mein Herr Jesus Christus, der in Dir und aus Dir und bei Dir immerdar als Gott bleibt, der gepriesen ist in der Ewigkeiten Ewigkeit. Amen.”