Pater M. Gaudron - Was ist falsch an der sog. "Charismatischen Bewegung"?
Nach dem Zeugnis der Apostelgeschichte und der Briefe des hl. Paulus kam der Heilige Geist in den ersten Jahrzehnten des Christentums häufig in wahrnehmbarer Weise auf die Gläubigen herab und verlieh manchen außergewöhnliche Gaben wie das Reden in Zungen (wohl eine Art ekstatischen Betens), die Gabe der Krankenheilung oder auch Gaben, die zur Leitung der Gemeinden notwendig waren. Dadurch sollte die schnelle Ausbreitung des Christentums gefördert werden, denn die noch ungläubigen Juden und die Heiden konnten daran leicht den göttlichen Ursprung der christlichen Religion erkennen. Das erklärt wohl auch, wieso die Apostel eine Gemeinde oft schon wenige Wochen nach deren Gründung zurücklassen und so schwierige Briefe an sie schreiben konnten. Der Heilige Geist übernahm offenbar in gewissem Sinn selbst die Leitung der Gemeinden, indem er durch die Charismen einzelnen Christen gab, was zum Wohl der Gemeinde notwendig war.
Sehr bald jedoch verschwanden diese Gaben wieder oder wurden nur noch selten geschenkt. Bereits im 2. Jahrhundert n. Chr. hören wir nichts mehr von ihnen. Der hl. Gregor d. Gr. sagt hierzu: „Am Anfang der Kirche waren sie [die charismatischen Gaben] notwendig. Damit nämlich die Menge der Gläubigen zum Glauben heranwüchse, musste sie mit Wundern genährt werden. Denn auch wir, wenn wir Büsche pflanzen, begießen sie so lange mit Wasser, bis wir sehen, dass sie in der Erde schon Wurzel gefasst haben. Und wenn sie einmal Wurzeln ausgebildet haben, lassen wir mit der Bewässerung nach“ (Hom. 29 in Evang.; PL 76, 1215).
Wunder und außergewöhnliche Phänomene sind in gewissem Maß nötig, damit der Glaube auf einem vernünftigen Fundament ruhen kann. So hat Christus selbst Wunder gewirkt und auf sie verwiesen: „Glaubt mir, dass ich im Vater bin und der Vater in mir ist. Sonst glaubt doch wenigstens um der Werke willen“ (Joh 14,11). Aber ein ständiges Haschen nach Wundern und Erscheinungen gefällt Gott nicht, da er uns dazu führen will, immer mehr aus dem reinen Glauben zu leben.
Zudem zeigt der 1. Korintherbrief, dass die Charismen in der Urkirche nicht nur gute Wirkungen hatten, sondern auch Anlass für einige Missstände waren, insofern die Gläubigen die Gaben missbrauchten, um sich persönlich zu profilieren, sich deshalb vor allem die auffälligsten Gaben wünschten und diejenigen, die sie hatten, darum beneideten.
Die sog. charismatische Bewegung, die um 1900 im protestantischen Raum entstand, inzwischen aber auch in der katholischen Kirche vertreten ist, behauptet nun, sie würde diese Gaben des Heiligen Geistes wieder neu beleben. Das ist schon im Ansatz falsch, denn der Mensch kann nicht selbst entscheiden, ob er diese Gaben haben will oder nicht, sondern der Heilige Geist teilt sie zu, wem und wie er will (vgl. 1 Kor 12,11). Bei näherem Zusehen findet sich in den charismatischen Versammlungen auch nichts wirklich Übernatürliches. Es sind vielmehr gewisse Techniken wie flotte Lieder, Klatschen, ekstatische Bewegungen usw., mit denen man sich in eine fröhliche und begeisterte Stimmung zu versetzen versucht. Dies dann als vom Heiligen Geist geschenkte Freude auszulegen, ist wirklich unsinnig. Manche versuchen auch, sich die Kontrolle über das eigene Sprechen abzugewöhnen und sinnloses Zeug zu lallen, was dann als „Zungenreden“ ausgegeben wird. Überhaupt wird jeder Gedanke, der einem Teilnehmer einer charismatischen Versammlung durch den Kopf geht, vorschnell als Eingebung des Heiligen Geistes interpretiert. Ganz allgemein kann man sagen, dass man mit Hilfe von psychischen Techniken Phänomene hervorzurufen versucht, die mystischen Phänomenen ähnlich sind. Echte Mystik ist aber etwas völlig anderes.
Nun behaupten die Charismatiker allerdings, in ihren Kreisen geschähen Wunder. Auch diese Behauptung hält jedoch einer genaueren Untersuchung nicht stand. Die angeblichen Heilungen, die bei den Charismatikern geschehen, sind vielmehr das Ergebnis von Suggestion. Jeder hat schon von den erstaunlichen Wirkungen gelesen, die Scheinmedikamente, sog. Placebos, bewirken können. Wegen des Zusammenhangs von Leib und Seele kann eine seelische Beeinflussung spürbare Auswirkungen auf den Leib haben. Sicherlich kann man durch Suggestion kein zerstörtes Organ von einem auf den anderen Moment wiederherstellen, wie es bei den echten Wundern bezeugt ist, denn dafür bedarf es der Macht des Schöpfers – aber die Symptome einer Krankheit können sich wesentlich bessern oder sogar ganz verschwinden. Wenn also nach einem Heilungsgottesdienst manche erklären, ihre Schmerzen hätten aufgehört oder eine Lähmung habe sich gebessert, ist das überhaupt kein Zeichen einer übernatürlichen Ursache. Nicht selten sterben dann solche Patienten einige Wochen später an der Krankheit, von der sie angeblich geheilt wurden – sie wurden eben nicht geheilt, nur die Symptome der Krankheit waren verschwunden.
François Reckinger schreibt hierzu: „Ein Blick in die Literatur seit 1950 zeigt, dass, sooft in dem besagten Umkreis eine organische Krankheit eindeutig festgestellt wurde, die angebliche Heilung in Wirklichkeit eine vorübergehende Besserung war und die ‚Geheilten‘ kurze Zeit später entweder tot waren oder genauso krank wie vorher.“1 Zum Teil wird von den Befürwortern der charismatischen Erneuerung selbst zugegeben, dass die bei ihnen vorkommenden Heilungen nicht mit den medizinisch überprüften und kirchlich anerkannten Wundern verglichen werden können.
Sicherlich gibt es bei den katholischen Charismatikern Gläubige, die der katholischen Lehre treu sind, viel beten und wirklich ein Leben mit Gott führen wollen. Leider werden sie aber auf ihrem Weg nie zu einer tiefen Gottesbeziehung finden können, denn der Weg zu Gott geht über den Glauben, nicht über Gefühle und Emotionen. „Gott ist Geist“ (Joh 4,24), auf der Gefühlsebene kann man ihm darum nicht nahekommen. Außerdem wird den charismatischen Gläubigen sogar geraten, sich Charismen und Erscheinungen zu wünschen, was eindeutig den Anweisungen der großen geistlichen Lehrer, wie eines Johannes vom Kreuz oder einer Theresa von Ávila, widerspricht, die unablässig vor den großen Täuschungen warnen, die es auf diesem Gebiet gibt, und es als Zeichen von Stolz und Eitelkeit ansehen, sich außerordentliche Gaben zu wünschen.
Die emotionale Begeisterung kann auch gar nicht beständig sein, weshalb die charismatische Bewegung bei vielen nur ein kurzes Strohfeuer entzündet. Bei anderen führt sie zu einer Art Doppelleben: In ihrer Gruppe spielen sie die freudestrahlenden Christen, aber zu Hause haben sie die gleichen Schwierigkeiten wie alle anderen, die sie aber in der Gruppe nicht zu offenbaren wagen, da es ihnen als Mangel an Glauben ausgelegt würde, wenn sie nicht immer fröhlich sind. Wahrer Glaube muss sich dagegen gerade in der geistlichen Trockenheit und unter schweren Kreuzen bewähren, wie wir am Leben aller Heiligen sehen können.
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Sehr bald jedoch verschwanden diese Gaben wieder oder wurden nur noch selten geschenkt. Bereits im 2. Jahrhundert n. Chr. hören wir nichts mehr von ihnen. Der hl. Gregor d. Gr. sagt hierzu: „Am Anfang der Kirche waren sie [die charismatischen Gaben] notwendig. Damit nämlich die Menge der Gläubigen zum Glauben heranwüchse, musste sie mit Wundern genährt werden. Denn auch wir, wenn wir Büsche pflanzen, begießen sie so lange mit Wasser, bis wir sehen, dass sie in der Erde schon Wurzel gefasst haben. Und wenn sie einmal Wurzeln ausgebildet haben, lassen wir mit der Bewässerung nach“ (Hom. 29 in Evang.; PL 76, 1215).
Wunder und außergewöhnliche Phänomene sind in gewissem Maß nötig, damit der Glaube auf einem vernünftigen Fundament ruhen kann. So hat Christus selbst Wunder gewirkt und auf sie verwiesen: „Glaubt mir, dass ich im Vater bin und der Vater in mir ist. Sonst glaubt doch wenigstens um der Werke willen“ (Joh 14,11). Aber ein ständiges Haschen nach Wundern und Erscheinungen gefällt Gott nicht, da er uns dazu führen will, immer mehr aus dem reinen Glauben zu leben.
Zudem zeigt der 1. Korintherbrief, dass die Charismen in der Urkirche nicht nur gute Wirkungen hatten, sondern auch Anlass für einige Missstände waren, insofern die Gläubigen die Gaben missbrauchten, um sich persönlich zu profilieren, sich deshalb vor allem die auffälligsten Gaben wünschten und diejenigen, die sie hatten, darum beneideten.
Die sog. charismatische Bewegung, die um 1900 im protestantischen Raum entstand, inzwischen aber auch in der katholischen Kirche vertreten ist, behauptet nun, sie würde diese Gaben des Heiligen Geistes wieder neu beleben. Das ist schon im Ansatz falsch, denn der Mensch kann nicht selbst entscheiden, ob er diese Gaben haben will oder nicht, sondern der Heilige Geist teilt sie zu, wem und wie er will (vgl. 1 Kor 12,11). Bei näherem Zusehen findet sich in den charismatischen Versammlungen auch nichts wirklich Übernatürliches. Es sind vielmehr gewisse Techniken wie flotte Lieder, Klatschen, ekstatische Bewegungen usw., mit denen man sich in eine fröhliche und begeisterte Stimmung zu versetzen versucht. Dies dann als vom Heiligen Geist geschenkte Freude auszulegen, ist wirklich unsinnig. Manche versuchen auch, sich die Kontrolle über das eigene Sprechen abzugewöhnen und sinnloses Zeug zu lallen, was dann als „Zungenreden“ ausgegeben wird. Überhaupt wird jeder Gedanke, der einem Teilnehmer einer charismatischen Versammlung durch den Kopf geht, vorschnell als Eingebung des Heiligen Geistes interpretiert. Ganz allgemein kann man sagen, dass man mit Hilfe von psychischen Techniken Phänomene hervorzurufen versucht, die mystischen Phänomenen ähnlich sind. Echte Mystik ist aber etwas völlig anderes.
Nun behaupten die Charismatiker allerdings, in ihren Kreisen geschähen Wunder. Auch diese Behauptung hält jedoch einer genaueren Untersuchung nicht stand. Die angeblichen Heilungen, die bei den Charismatikern geschehen, sind vielmehr das Ergebnis von Suggestion. Jeder hat schon von den erstaunlichen Wirkungen gelesen, die Scheinmedikamente, sog. Placebos, bewirken können. Wegen des Zusammenhangs von Leib und Seele kann eine seelische Beeinflussung spürbare Auswirkungen auf den Leib haben. Sicherlich kann man durch Suggestion kein zerstörtes Organ von einem auf den anderen Moment wiederherstellen, wie es bei den echten Wundern bezeugt ist, denn dafür bedarf es der Macht des Schöpfers – aber die Symptome einer Krankheit können sich wesentlich bessern oder sogar ganz verschwinden. Wenn also nach einem Heilungsgottesdienst manche erklären, ihre Schmerzen hätten aufgehört oder eine Lähmung habe sich gebessert, ist das überhaupt kein Zeichen einer übernatürlichen Ursache. Nicht selten sterben dann solche Patienten einige Wochen später an der Krankheit, von der sie angeblich geheilt wurden – sie wurden eben nicht geheilt, nur die Symptome der Krankheit waren verschwunden.
François Reckinger schreibt hierzu: „Ein Blick in die Literatur seit 1950 zeigt, dass, sooft in dem besagten Umkreis eine organische Krankheit eindeutig festgestellt wurde, die angebliche Heilung in Wirklichkeit eine vorübergehende Besserung war und die ‚Geheilten‘ kurze Zeit später entweder tot waren oder genauso krank wie vorher.“1 Zum Teil wird von den Befürwortern der charismatischen Erneuerung selbst zugegeben, dass die bei ihnen vorkommenden Heilungen nicht mit den medizinisch überprüften und kirchlich anerkannten Wundern verglichen werden können.
Sicherlich gibt es bei den katholischen Charismatikern Gläubige, die der katholischen Lehre treu sind, viel beten und wirklich ein Leben mit Gott führen wollen. Leider werden sie aber auf ihrem Weg nie zu einer tiefen Gottesbeziehung finden können, denn der Weg zu Gott geht über den Glauben, nicht über Gefühle und Emotionen. „Gott ist Geist“ (Joh 4,24), auf der Gefühlsebene kann man ihm darum nicht nahekommen. Außerdem wird den charismatischen Gläubigen sogar geraten, sich Charismen und Erscheinungen zu wünschen, was eindeutig den Anweisungen der großen geistlichen Lehrer, wie eines Johannes vom Kreuz oder einer Theresa von Ávila, widerspricht, die unablässig vor den großen Täuschungen warnen, die es auf diesem Gebiet gibt, und es als Zeichen von Stolz und Eitelkeit ansehen, sich außerordentliche Gaben zu wünschen.
Die emotionale Begeisterung kann auch gar nicht beständig sein, weshalb die charismatische Bewegung bei vielen nur ein kurzes Strohfeuer entzündet. Bei anderen führt sie zu einer Art Doppelleben: In ihrer Gruppe spielen sie die freudestrahlenden Christen, aber zu Hause haben sie die gleichen Schwierigkeiten wie alle anderen, die sie aber in der Gruppe nicht zu offenbaren wagen, da es ihnen als Mangel an Glauben ausgelegt würde, wenn sie nicht immer fröhlich sind. Wahrer Glaube muss sich dagegen gerade in der geistlichen Trockenheit und unter schweren Kreuzen bewähren, wie wir am Leben aller Heiligen sehen können.
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